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Magda, die Zwerge und der Wintersturm

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Es war einmal ein kleines Mädchen. Es hieß Magda, war zehn Jahre alt und eine Waise. Ihre Stiefschwester Carla, die genau so alt war wie sie, ließ aus lauter Bosheit an ihrem Namen immer das „a“ weg und nannte sie Magd. Und wie eine Dienstmagd wurde sie auch behandelt. Magda musste sämtliche Arbeiten im Haus verrichten. Immer hieß es nur: Mach dies – mach jenes. Zum Spielen blieb ihr nie Zeit. Abends weinte sie sich oft in den Schlaf. Das einzige Lächeln bekam sie vom Mond, der mit seinem hellen Schein durchs Fenster sah und sie tröstete.

Es war im Winter. Draußen war es frostig, die Bäume waren kahl und die Sonne versteckte sich hinter dunklen Wolken. Es roch nach Schnee und Weihnachten. Die Stiefmutter überlegte Tag und Nacht, wie sie das ungeliebte Kind auf Dauer los werden könnte. Plötzlich hatte sie eine Idee und rief – nein, schrie nach Magda, drückte ihr einen Korb in den Arm und befahl dem Mädchen barsch Äpfel zu besorgen.
„Aber wo soll ich denn jetzt…? Draußen ist es fast dunkel“, wagte Magda zu widersprechen.
Die Stiefmutter hob die Hand und Magda duckte sich vor Angst!
„Das ist mir egal! Und komm nicht eher zurück, bevor der Korb voll ist!“, schrie die Stiefmutter und dachte:
„Am besten überhaupt nicht mehr!“
Magda nahm ihren Mantel vom Haken und stülpte sich die Mütze über die Ohren.
„Wo soll ich jetzt Äpfel finden?“, dachte sie traurig. Der kalte Wind pfiff durch das dünne Mäntelchen. Tränen liefen über ihre Wangen. Der Schnee lag hoch. Sie hatte Hunger und die Kälte ließ sie kräftig zittern. Sie eilte dem dunklen Wald zu, um leidlich geschützt zu sein. Ratlos sah sie sich um und flüsterte: „Ich werde erfrieren!“
Plötzlich schimmerte ein Licht durch die Tannen. Hoffnung auf Wärme flackerte in ihr auf und sie rannte drauf los. Überrascht blieb sie auf einer Lichtung stehen. Vor ihr prasselte ein lustiges Feuer und drum herum saßen eins, zwei, drei…viele Zwerge, denen die Jahre Schnee in die Locken und Staub in ihre Bärte geschüttet hatten.
„Komm näher, Magda, und wärm dich“, sagte einer von ihnen, „du bist ja ganz durchgefroren! Wir haben dich schon erwartet!“
„Aber woher kennt ihr mich?“, wollte sie wissen.
„Der Mond hat uns von dir erzählt. Wir haben zusammen überlegt, wie wir dir helfen können. Dein Schicksal geht uns sehr nahe. Aber egal, was auch in den nächsten Tagen geschehen wird, du darfst keinem von uns Zwergen erzählen. Es muss unser Geheimnis bleiben. Versprich es!“
Magda nickte.
„Schau dich nur um“, sagte einer der Zwerge und strich über seinen Bart. Sogleich befand sie sich in einem Garten voller Apfelbäume. Die Sonne schien, die Bienen summten, die Schmetterlinge tanzten. Vögel zwitscherten. Schnell füllte sie ihren Korb mit den schönsten Äpfeln und bedankte sich herzlich, bevor sie nach Hause eilte.
„Lauf schnell! Und denk daran, es bleibt unser Geheimnis. Wir sehen uns sicher bald wieder!“ Die Stiefmutter wunderte sich, als Magda ihr den Korb, gefüllt mit Äpfeln, vor die Füße stellte. „Wo hat sie die Äpfel bloß aufgetrieben?“, fragte sie sich. Ihr Plan war fehl geschlagen und sie bebte innerlich vor Wut. Aber sie fragte nichts und Magda erzählte nichts.

Wenige Tage später, gelüstete es der Stiefmutter nach frischen Erdbeeren. Sie dachte sich, wenn das Mädchen so herrlich duftende Äpfel bringt, wird sie auch Erdbeeren finden. Und vielleicht gelingt mein Plan ja diesmal und sie erfriert draußen in der bitteren Kälte. Hinter der Gardine versteckt, beobachtete sie, welchen Weg ihre Stieftochter einschlug.
Die Zwerge erwarteten Magda bereits. Diesmal nickte einer mit dem Kopf, und ein duftendes Erdbeerfeld tat sich auf. Als der Korb gefüllt war, schenkte ihr der Zwerg mit den lustigsten Augen ein Goldstück.
„Leg es bitte offen auf dein Nachtschränkchen. Aber sage keinem, wo du es her hast! Vertrau mir!“
Magda nickte und bedankte sich artig.

Die Stiefmutter bekam vor Wut einen roten Kopf, als die verhasste Stieftochter den Korb mit duftenden Erdbeeren auf den Tisch stellte. Wieder war das Kind nicht erfroren und hatte den Weg zurück gefunden.
Wie versprochen, legte Magda das Goldstück sichtbar auf ihr Nachtschränkchen.
Carla fand es und brachte es ihrer Mutter.

Dann kam der Heilige Abend. Draußen herrschte beißender Frost. Mit gierigen Augen hielt die Stiefmutter dem verhassten Kind das Goldstück unter die Nase.
„Ich will mehr davon“, geiferte sie, „den ganzen Korb voll. Soviel du tragen kannst!“ Ihren Plan, Magda endlich los zu werden, hatte sie noch immer nicht aufgegeben. Sie dachte: „Aber vorher will ich das Gold, danach sehen wir weiter…!“
Die Kleine lief nach draußen. Als von ihr nur noch ein winziger Punkt zu sehen war, folgten ihr zwei Schatten.
Die Zwerge erwarteten das Mädchen schon. Sie nahmen die kleine Magda in ihre Mitte und löschten schnell das Feuer, so dass es stockdunkel wurde. Erschrocken sah sich Magda um.
„Vertrau uns“, meinte der Älteste von ihnen, „deine Stiefmutter und Carla sind dir gefolgt.“
Durch die herrschende Dunkelheit hatten die beiden Magda aus den Augen verloren. Sie gerieten tief in den Wald hinein. Es fing an zu schneien. Die Schneeflocken wurden immer größer. Wind kam auf und entwickelte sich zu einem brausenden Sturm. Er wechselte jeden Augenblick seine Richtung, vereisten den bösen Frauen die Augen, schlug ihnen die Mützen vom Kopf und die Zweige der Tannen um die Ohren. Obendrein heulten ganz in der Nähe Wölfe. Durchnässt und frierend, vor Kälte erstarrt, klammerten sie sich aneinander und erwarteten den Tod.
„Schluss!“, sagten da die Zwerge einstimmig. „Sie haben genug gelitten! Sie sind gestraft genug!“
Augenblicklich herrschte Windstille.
„Du wirst die beiden jetzt aus ihrer Gefahr befreien und nach Hause führen. Sie werden diesen Abend nie vergessen und dich für ihre Rettung in Zukunft anständig behandeln, wie es sich gehört!“
Magda fand ihre Stiefmutter und Carla eng umschlungen, von Eiskrallen umfangen, dem Tode nahe. Sie legte ihre Arme um die beiden, wärmte sie und führte sie sicher aus dem Wald zurück nach Haus. Als die Stiefmutter und Carla sich von dem Schrecken erholt hatten, dankten sie ihr und gelobten, sie in Zukunft gut zu behandeln. Und sie hielten ihr Wort.

Nie mehr traf Magda die Zwerge am geheimen Platz im Wald. Der Mond blickte allabendlich in Magdas Fenster und vergewisserte sich, dass es dem Mädchen auch gut geht. Wenn er ihr zuzwinkerte, glaubte Magda, ins Gesicht des Zwerges zu schauen, der ihr einst das Goldstück gegeben hatte.

 
Quelle: Rybka

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