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Ursitori

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Es waren einmal ein paar Leute, die hatten keine Kinder, aber Vermögen genug. Vielmals baten sie Gott um ein Kind. Als sie aber doch keines bekamen, sagten sie zueinander, für wen sollten sie noch arbeiten, sie hätten niemanden. Als sie dies beschlossen hatten, da bekamen sie einen Knaben und hatten darüber große Freude. Was sie das Kind küßten, hatte man noch nie gesehen. In der Nacht saß die alte Großmutter neben der Wiege. Um Mitternacht kamen, wie zu allen ungetauften Kindern, die ursitori und legten ihm dies in die Wiege: »Wenn er groß ist, soll er seinen Vater erschießen und seine Mutter heiraten.« Die Großmutter neben der Wiege schlief nicht und hörte alles, was die Geister dem Knaben in die Wiege gelegt. Und das ist so, seit die Welt steht, vor dem, was die ursitori dem jungen Menschenleben in die Wiege legen, sei es gut oder böse, kann man sich nicht behüten, wenn es auch mancher versucht.
Als am Morgen die Rumänin erwachte, nahm sie das Kind gleich in die Arme und küßte es und küßte es und freute sich so darüber. Da sagte die alte Großmutter: »Du, he, wenn du wüßtest, was du mit diesem Kinde erleben wirst, würdest du es nicht mehr küssen, ich habe diese Nacht gehört, was die ursitori ihm in die Wiege gelegt. Sie sagten, wenn der Knabe zum Heiraten sei, würde er seinen Vater erschießen und seine Mutter heiraten.« Darüber erschraken die Eltern und beschlossen, das Kind zugrunde zu richten, trotzdem sie es so liebten, denn sie mußten es vor dieser großen Sünde bewahren. Sie nahmen ein kleines Lädchen, legten den Knaben hinein, die Mutter hing ihm auch ihr Ringlein an den Hals, schlossen es zu und trugen es aufs Wasser. Das Lädchen fuhr immer auf dem Wasser hinunter 16 Jahre lang. Zu dieser Zeit kamen zwei Männer an dieses Wasser, um Fische zu fangen. Da sahen sie ein Lädchen auf dem Wasser und sprachen miteinander: »Was sollte wohl da drinnen sein?« Einer von diesen Leuten war arm und hatte viele Kinder, der andere hatte keine und war reich. Nun wollten sie dieses an sich nehmen und nachsehen, was darin sei, wäre es Geld, sollte es dem Armen gehören, wäre es ein Kind, wollte es der Reiche behalten. Sie gingen ins Wasser und brachten es ans Ufer, aber es war sehr schwer. Als sie es öffneten, sprang ein Knabe heraus, und da er nun Platz hatte, streckte er sich und dehnte sich, und nun sah man, daß er ein Bursch von 16 Jahren war. Der reiche Mann ohne Kinder freute sich sehr und nahm ihn gleich als eigenes Kind zu sich. Gut.
Als eine Zeit vergangen war, wieviel vergangen sein wird, sprach der Bursch: »Vater, ich möchte ein wenig in die Welt gehen, mich als Knecht verdingen, um zu sehen, wie es auch an andern Orten ist.« – »Geh, mein Sohn«, sagte sein Pflegevater, und er ging und traf grade zu seinen wirklichen Eltern. Was die ursitori dir in die Wiege legen, vor dem kannst du dich nicht behüten, wenn du gleich sterben solltest. Dieser war ein ehrenhafter Bursch und machte seine Arbeit. Sein Vater war Hann und hatte einen Weingarten. Nun war das im Herbst so der Brauch, daß man der Reihe nach hütete, und als die Reihe an den Hannen kam, sagte seine Frau: »Aber schicke den Knecht in deine Stelle, warum hast du ihn? und ruhe du zu Hause.« Gut. Er gab dem Knecht das Gewehr und sagte: »Wenn du jemanden hörst, frage dreimal, wer da sei, antwortet er nicht, so schieße.« Der Knecht ging. Nach einiger Zeit sagte der Herr, er solle doch einmal nachsehen, ob der Knecht Mut habe, und ging in den Weingarten, dort brach er einen Pflaumenast, um den Hüter zu erschrecken, nur einmal rief der ohne Furcht: »Wer bist du?« Keine Antwort. Er fragte noch einmal, auch zum dritten Male, keine Antwort. Da nahm er das Gewehr und schoß seinen Herrn, seinen Vater. Als die Frau sah, daß ihr Mann nicht nach Hause kam, ging sie ihm in den Weingarten nach und fand ihn dort tot liegen. An die ursitori dachte sie nicht mehr. Den Knecht behielt sie, und als sie sah, daß er ein zuverlässiger Mensch war, heiratete sie ihn, und sie lebten gut, trotzdem sie viel älter war. Nach einem Jahre hatten sie auch einen Knaben und waren glücklich.
Einmal gingen sie beide aufs Feld und nahmen auch das Kind mit, das weinte aber immer, seine Mutter ging oft und stillte es. Da es nun wieder zu weinen anfing, sagte sie zu ihrem Mann: »Geh jetzt auch du ein wenig zu dem Knaben.« Er ging, da kam ihm sein Ringlein in den Sinn, welches er immer im Gürtel trug, seit er sich erinnerte. Er zog es heraus und gab es ihm zu spielen, da weinte er nicht mehr. Seine Mutter verwunderte sich, daß er so ruhig war, und ging nun, nach ihm zu sehen. Als sie das Ringlein erblickte, erschrak sie so, daß sie ohnmächtig wurde. Was die ursitori dir in die Wiege legen, vor dem kannst du dich nicht bewahren, wäre es, was es sei. Die Arme dachte, ihr Sohn sei zugrunde gegangen, und nun sah sie, daß sich erfüllt hatte, trotz ihrer Sorge, was diese Geister gewollt. Als sie wieder zu sich gekommen, besprach sie es mit ihrem Manne und sagte, damit die Sünde nicht größer werde, solle er weggehen von ihr, vielleicht finde er noch ein anderes Glück. Er sagte, er werde gehen, aber zuerst die ursitori suchen, damit die ihm sagten, was er tun solle.
Und er ging und ging, bis er in den Wald dieser Geister kam, da traf er einen blinden Mann, der aß Paluckes aus drei Löffel voll Mehl. Der Junge setzte sich neben ihn und aß mit. Da spürte ihn der Alte und fragte: »Wer bist du? Wenn du ein guter Mensch bist, sag es, daß ich noch Paluckes mach‘ auch für dich.« Dieser erzählte dem Alten, warum er in diesen Wald gekommen, er suche die ursitori. Als sie gegessen, sagte der Blinde ihm, welchen Weg er gehen müßte. Nun ging er auf diesem und kam in ihre Wohnung, er ging hinein, es war aber niemand zu Hause, er verkroch sich hinter den Ofen. Nur einmal kamen einige nach Hause, die andern waren zu den Ungetauften gegangen. Diese rochen in der Stube herum, sie rochen einen Menschen von der Erde und sprachen, wenn es ein guter Mensch sei, solle er herbeikommen, sie würden ihm nichts zuleide tun, wäre er aber schlecht, würden sie ihn umbringen. Er kam heraus und sagte, warum er zu ihnen gekommen. Es sei ihm grade so ergangen, wie sie vorausgesagt, nun sollten sie ihm raten, was er weiter tun müsse, um noch ein Glück auf dieser Welt zu finden. Diese sagten, es wäre gut, daß er von seiner Mutter weggegangen, jetzt solle er noch ein Stück weiter gehen, bis er ein paar Leute antreffe, die mit ihrer Tochter ein Weizenfeld schnitten. Er solle sich mit den Leuten zu reden machen, ein Wort werde das andere geben, er solle dieses Mädchen heiraten, dies würde sein Glück sein, aber solange er lebe, solle er nie über etwas sagen, es gehöre ihm, immer seiner Frau, sonst verbrenne es ihm.
Er dankte und ging und ging, bis er zu dem Weizenfeld kam, auf welchem Eltern mit ihrer Tochter schnitten. Er wünschte einen guten Tag und bat um ein wenig Wasser und sah sich dabei das Mädchen an, es war schön. Als er getrunken, half er auch bei der Arbeit und plauderte, und bis der Abend kam, liebten sie sich mit der Tochter und hielten bald Hochzeit, und es war gut. Nach der Hochzeit ging er einmal mit Tagesanbruch auf ein anderes Feld, um anzufangen zu schneiden und dachte, er solle doch versuchen, ob es auch so sei, wie die Geister ihm prophezeit. Als ihn der erste, der vorbeikam fragte, wem das Feld sei, antwortete er »mein«, sogleich fingen die Garben an zu brennen, und brannte das halbe Feld ab. Da rief er schnell: »Es gehört meiner Frau«, da erlosch das Feuer und er arbeitete in Ruhe weiter, bis auch sein Schwiegervater kam. Dieser wunderte sich, daß das halbe Feld abgebrannt sei und fragte, wie das gekommen. Der Sohn entgegnete, er habe sich eine Zigarre angezündet, wahrscheinlich müßte von dem Feuer ins Stroh gefallen sein. Seither sagte er nie mehr, es gehöre ihm etwas, und so hatte er nie mehr Unglück und lebte gut mit seiner Frau und lebt vielleicht bis auf den heutigen Tag, ich habe nichts gehört, daß sie gestorben wären.

Nicolae Duda, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

 

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