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Vom armen Bäuerlein

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Es war einmal ein armes, armes Bäuerlein, das nichts hatte als eine halbverfallene Hütte für sich und seine Hausfrau zur Wohnung, eine magere Kuh im Stall und Hunger und Not als Tischgenossen.
Aber beide arbeiteten fleißig und bewahrten sich vor dem größten Mangel und sagten oft selber zueinander, es könnte doch noch schlechter sein. Endlich aber wollte auch die Arbeitsamkeit nicht mehr vor arger Not schützen, so daß sie gar nicht wußten, was nun anzufangen sei. Die Hütte verkaufen war eine harte Sache, weil sich kein Käufer fand und sie wohl auch nicht gerne unter freiem Himmel schlafen wollten. Sonst aber meinten sie, wäre nichts, was sie verkaufen könnten, um Geld zu bekommen. Als sie so nachdachten, hörte die Bäuerin die Kuh im Stall muhen, auf die sie ganz vergessen hatten. »Geh«, sagte sie, »treib die Kuh auf den Markt, sie muß ja sonst doch verhungern, schau doch, was du dafür bekommst.«
Das Bäuerlein nahm einen Haselstecken und trieb die Kuh ins nächste Dorf, wo soeben Markt war, wenn er auch wenig Hoffnung auf einen hohen Kaufpreis hatte, weil das arme Tier gar so jämmerlich aussah.
Er war eben noch nicht gar lange fortgegangen, als ihm ein kleines, altes Männlein in grasgrüner Kleidung begegnete und ihm schon von weitem zurief: »He du! Ist die Kuh nicht feil?«
»O ja«, entgegnete ihm der Bauer, »wenn du brav zahlst.«
»Ich habe nicht viel Geld, mein Lieber«, antwortete das Männlein und sah ihm mit lächelnder Miene ins Angesicht, »aber da sieh her« – und hielt ihm eine Flasche hin -, »könnten wir nicht eben einen Tausch machen? Gib du mir die magere Graue da, und ich gebe dir diese Flasche. Du wirst schon sehen, es reut dich nicht, wenn du mir glaubst, denn das Fläschchen hat gar gute Tugenden.«
Das grüne Männchen schien so treuherzig, daß der Bauer ihm glauben mußte. »Nun, weil du es so lobst«, sagte er, »schlag ein, wir wollen tauschen.«
Der grüne Käufer führte die Kuh fort, und der Bauer ging wieder in seine Hütte zurück und stolperte oft unterwegs, denn er betrachtete immer die Flasche und sah nie auf die Steine, die auf dem Weg lagen.
Als er nun nach Hause kam, wunderte sich die Bäuerin sehr, wie er sein Geschäft gemacht habe, ließ ihn kaum zu Wort kommen und fragte: »Was hast du denn für die Kuh bekommen?«
Als aber der Bauer die Flasche auf den Tisch setzte und ihr erzählte, was das grüne Männlein zu ihm gesagt hatte, da fing sie fast zu weinen an und machte ein langes Gesicht – weil er so dumm sei und jedem Narren glaube. Das machte den Bauern nun auch unruhig, er hob die Flasche vom Tisch auf, und indem er sie wieder hinstellte, murmelte er: »Hätt‘ ich nur Geld und etwas Ordentliches zum Essen!«
Allein kaum hatte er das gesagt, so klingelte und klapperte es, und ein großer Haufen Taler lag da auf dem Tisch neben den dampfenden Schüsseln, daß die zwei gar nicht wußten, wie das zuging und große Augen machten.
»Das hilft uns wenig«, sagte nach einer Weile der Bauer, als er sich von seinem Erstaunen erholt hatte, »wenn wir dastehen und das Essen kalt werden lassen. Das grüne Männlein hat gar wohl recht gehabt, daß die Flasche gute Tugenden besitze; nun wollen wir es aber auch von Herzen hochleben lassen.« Die Bäuerin hatte jedoch nichts Eiligeres zu tun, als die harten Taler zusammenzuklauben, erst dann setzte auch sie sich zu Tisch, und der Schmaus wollte gar kein Ende mehr nehmen.
So war das arme Bäuerlein reich geworden und lebte im Wohlstand froh und glücklich. Jedermann redete von der Wunderflasche und wünschte sich auch eine solche zu haben.
Da unternahm einmal der König eine Reise durch sein Land. Er kam auch in diese Gegend, wo das Bäuerlein wohnte, und beschloß, hier mit seinem Hofstaat eine Zeitlang zu bleiben. Da aber seine Großen Langeweile bekamen, wollte er ihnen, um sie fröhlich zu machen, eine große Tafel geben. Es wurde alles aufgeboten, um sie so prächtig wie möglich zu machen, aber dem König schien alles noch zu gering; denn alles, was er tat, sollte königlich sein. Daher war er sehr froh, als er von der wunderbaren Flasche hörte, und dachte nach, wie er in ihren Besitz kommen könnte. Er ließ das Bäuerlein rufen und bot ihm einen großen Haufen Silber und Gold für die Flasche an.
Ha, dachte der Bauer, wär‘ schon recht; aber was soll ich machen wenn ich meine Flasche verkaufe. Es ist doch eine gar zu seltene Sache.
Doch der König hörte nicht auf, Vorstellungen zu machen, und versprach ihm immer noch mehr Gold, bis jener einwilligte. Alsogleich wurde nun die Probe mit der Flasche gemacht, und da wunderten sich die Begleiter des Königs über die prachtvolle Tafel über alle Maßen, denn nicht einmal in der Residenz des Landesfürsten hatten sie so viele und schmackhafte Speisen bekommen, und selbst der Schatzmeister des Königs, der anfangs ein ziemlich saures Gesicht schnitt, als soviel Geld für ein eitles Glas hinweggetragen wurde, machte jetzt eine ganz heitere Miene.
Das Bäuerlein aber ließ es sich bei seinen Goldfüchsen wohl sein, lud seine Nachbarn zu Tisch und tafelte so wacker wie ein Graf oder wie der König selber. Wenn aber seine Nachbarn hie und da ein Wort fallenließen, daß sich ein großer Graben ausschöpfen, aber schwer wieder ausfüllen lasse, dann gab er immer zur Antwort: »Ei, haben wir’s doch – mir werden ja sonst die Taler grau.«
Inzwischen merkte aber der lustige Bruder nicht, wie sein Kasten immer leerer und leerer wurde, und als er es endlich sehen mußte, schlug er sich vor den Kopf und wünschte, daß er wieder zum grünen Männlein käme, um einen Tausch zu machen. Ja es war endlich so weit gekommen, daß er am Ende nichts mehr hatte als eine magere Kuh im Stall und die halbverfallene Hütte. Was war nun zu tun? Die Flasche war verkauft, das Geld verschmaust. Das Männlein wußte er nicht zu finden. Zudem taugte es ihm gar nicht, daß die Nachbarn ihn immer spottweise den reichen Bauern hießen und lachten. Geh, dachte er, verkauf wieder deine Kuh – vielleicht kommt das grüne Männlein doch noch einmal und bringt dir eine Flasche. Versuch’s einmal.
Gesagt, getan – er geht in den Stall und fährt mit der Kuh auf den Markt. Noch war er nicht lange voll Unmut fortgegangen, als auf dem nämlichen Platz wie früher ihm das grüne Männlein begegnete und ihm ebenso bereitwillig, aber mit etwas schelmischem Lächeln den Tausch mit der Flasche antrug, den das Bäuerlein gerne annahm.
In der größten Freude sprang nun das Bäuerlein über Stock und Stein nach Hause und freute sich schon voraus auf den herrlichen Braten, den er sich nun anschaffen werde. Kaum war er zu Hause angekommen, wo die Bäuerin vor Freude fast nichts sagen konnte, so mußte nun die Flasche ihren Dienst leisten. Allein wie staunten und erschraken sie, als statt der Speisen und der harten Taler zwei gewaltig große Riesen aus der Flasche hervorsprangen. Sie wollten davonlaufen, aber die Riesen ließen sie nicht zur Tür hinaus, sondern fielen über die armen Bauersleute her und schlugen mit Fäusten auf sie ein, zur Strafe ihrer Verschwendung.
Das Gerücht von dieser wunderbaren Sache verbreitete sich weit und breit im ganzen Land und kam endlich auch dem König zu Ohren, der auch diese Flasche wieder kaufen wollte, um seinen Hofleuten einen Possen zu spielen. Er ließ das Bäuerlein zu sich kommen und kaufte ihm die Flasche um sehr viel Gold und Silber ab, wozu dieser sehr leicht zu bewegen war. Froh kehrte er in seine Hütte zurück, ließ diese nun aufbauen und fing eine bessere Wirtschaft an.
Der König aber ließ seine Großen nicht lange warten und zeigte ihnen die Eigentümlichkeit der neuen Flasche. Er lud sie alle zur Tafel, und nachdem sie der einen Flasche brav zugesprochen hatten, sollten sie auch der andern ihre Ehre widerfahren lassen.
Die ganze Tafelgesellschaft war begierig, was da kommen würde; sie wurde es aber nur zu bald inne, denn die Riesen richteten eine schreckliche Geschichte an, so daß alle Gäste mit blauen Rücken auf und davon liefen und noch laufen, wenn sie nicht stehengeblieben sind.

(mündlich aus dem Zillertal)
[Österreich: Ignaz und Joseph Zingerle: Kinder und Hausmärchen aus Süddeutschland]

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