Hörte oft erzählen, und wenn ich ein Schriftgelehrter wäre, möcht‘ ich es euch in den Büchern nachweisen, daß einmal ein armer Mann war, welcher Stanschu hieß. Er hatte nur ein einziges Joch Feld, das er jahraus, jahrein mit Mais bestellte, den er für seine armselige Haushaltung notwendig hatte.
Einmal nun, da der Mais eben zu reifen anfing, fand er, daß nächtlicherweile Pferde darin gewesen sein mußten, die großen Schaden angerichtet hatten. Als sich dieses in der folgenden Nacht wiederholte, hieß er sein Weib einen Vorrat Malai backen, damit er hinausgehen und womöglich die Pferde abfangen könne. Die Leute waren aber sehr arm und hatten nichts weniger als vorrätiges Mehl im Hause, drum ging das Weib zu einem Nachbarn und lieh dort Maismehl, um den nötigen Mundvorrat für ihren Mann zu bereiten; den Wert des Mehls wollte sie bei dem Nachbarn mit Arbeit abverdienen.
Als nun der Mann seine Tasche mit frischgebackenem Malai voll hatte, ging er hinaus und legte sich ruhig in seinem Maisfelde nieder, um wohl aufzupassen, so daß ihm die Pferde, die da kommen sollten, nicht entgehen könnten. Es währte nicht lange, nachdem es Nacht geworden war, da hörte er ein fernes Geräusch wie Donner, über sich aber sah er, wie sich dichte schwarze Wolken herabsenkten, und da sie ganz nahe an der Erde waren, aufbrachen. Daraus sprang ein Troß wilder Pferde hervor, der gerade in sein Maisfeld lief und anfing, sich an der süßen, noch milchigen Frucht desselben sattzufressen und so wiederum einen mächtigen Schaden anzurichten. Jetzt erhob sich Stanschu leise und fing eines der Pferde, indem er rief: »Was habt ihr in meinem Maisfelde zu suchen und warum macht ihr mir so großen Schaden?« Während er so das Pferd beim Schöpfe hielt, um es zu erschlagen, flohen die andern davon.
Er hob eben sein Beil auf, um im Zorn und Unmut über den mächtigen Schaden seinem Arm den Lauf zu lassen, da rief das Pferd: »Schlag nicht, Stanschu, uns hat der Himmel gesandt, dir diesen Schaden zu machen! Willst du mich aber schonen, so greif in mein rechtes Ohr, und du wirst dort finden, was dich tausendmal reicher machen wird, als es zehn Ernten deines Feldes vermöchten!« Schon daß das Pferd sprach, war für Stanschu genug, um den Arm mit dem Beil sinken zu lassen und den Streich nicht zu führen. Jetzt wußte er aber auch, daß er ein Wundertier und kein gewöhnliches Pferd beim Schöpf hatte. Deshalb griff er demselben, wie es ihm selbst gesagt hatte, ins rechte Ohr und fand darin eine welsche Nuß. Als er diese näher betrachtete, sprach das Pferd weiter und sagte: »Diese Nuß wird dir alles gewähren, was immer dein Herz nur wünscht.«
Da war Stanschu nicht wenig erfreut, ließ das Pferd los und ging nach Hause. Dort angekommen, befahl er seinem Weibe, im Augenblick das gebratene Spanferkel aus dem Ofen zu nehmen, weil er hungrig sei. Das Weib, zuerst über des Mannes schnelles Zurückkommen vom Maisfeldhüten erstaunt, wußte nicht, wie sie dies deuten sollte, und sagte: »Was machst du denn für Streiche, Mann? Bist du vielleicht im Wirtshaus gewesen? Wir haben nicht einmal etwas zu brennen, und woher sollte noch ein Braten in den Ofen kommen?« Da mahnte Stanschu wieder: »Geh nur, mein Weib, hol den Braten, du wirst ihn schon sehen.« Der bestimmte Ton, womit ihr Mann diese Worte begleitete, machte es ihr nicht wahrscheinlich, daß er betrunken sei, um aber der Sache auf den Grund zu kommen, ging sie, wie ihr Mann gesagt hatte. Als sie zum Ofen kam, wußte sie nicht, ob sie träumte oder wachte, denn sie fand denselben warm und darinnen neben gerade verglimmender Glut ein gargebratenes Spanferkel, das eben zum Auftragen recht war. Sie nahm es also und trug es staunend auf, bald ihren Mann, bald den herrlichen Braten betrachtend. Jetzt erhielt sie den Befehl, in den Keller zu gehen und einen Krug vom besten Ausbruch zu bringen, denn ihr Mann hatte Durst nach einem guten Schluck. Stillschweigend ging sie und fand wirklich in dem armseligen Hause einen Keller, wo sonst keiner war, und darinnen zwei Reihen Fässer, alle in Eisenband. Sie enthielten die feinsten und vorzüglichsten Weine. Nun ließen sichs beide Eheleute wohl gehen, sie aßen und tranken, so viel und gut sie konnten, bis sie zuletzt beim Tische selbst einschliefen.
Als sie des andern Tags ziemlich spät erwachten, wünschte Stanschu, daß sich sein ärmliches Haus in einen zwei Stock hohen Palast verwandeln solle, dessen Fenster von Gold und Silber wären, so wie es nicht einmal der Kaiser habe. Nachdem dies geschehen war, sagte er zu seinem Weibe: »Mein liebes Weib, wünsche nur immerzu, was dein Herz begehrt, ich habe die Macht, dir alles zu gewähren.« Da wünschte sich diese, sie wußte nichts anderes mehr, da sie schon alles hatte, viele Herren und Frauen zur Gesellschaft, worauf sich der Palast mit großen und vornehmen Leuten füllte, die der Frau Stanschus Gesellschaft leisten mußten, so daß diese jetzt sich von einem glänzenderen Kreise umgeben sah, als ihn je irgendein Graf oder Gräfin in der Welt hatten.
Es dauerte indessen nicht lange, so bekam die Frau andere Gedanken, welche ihr die Gesellschaft lästig machten, denn sie mochte jetzt lieber mit einem Liebhaber allein verkehren. Einem solchen war es bald genug gelungen, ihren Sinn ganz zu umstricken und ihr besonders das Geheimnis zu entlocken, womit ihr Mann, sonst in der bittersten Armut, auf einmal so grenzenlos reich geworden sei. Das Weib konnte dies ihrem Liebhaber nicht verschweigen, obwohl ihr Mann sie um alles gebeten hatte, es ja an niemand zu verraten.
So verstrich einige Zeit. Stanschu ließ sich und seinem Weib durch seine Zaubernuß alle Wünsche gewähren, zugleich aber sank letzteres immer tiefer in die unselige Leidenschaft zu ihrem Liebhaber, und es kam endlich so weit, daß ihnen beiden der gute Stanschu im Wege war. Da dachten sie auf Mittel, wie sie von ihm loskommen könnten, und kamen endlich darin überein, daß ihm das Weib die Zaubernuß entwenden und ihn mittels derselben in einen Esel verwandeln solle.
Eines Abends nun, als Stanschu und sein Weib schlafen gingen, merkte sich die Falsche, wohin ihr Mann die Nuß versteckte, und als er dann später eingeschlafen war, stand sie auf, nahm die Nuß und verwandelte ihren Mann in einen Esel, den sie dann sogleich zur Stube hinaus und auf die Gasse trieb. Da erkannte der Arme die Treulosigkeit seines Weibes, aber es war zu spät. Er sah ein, daß er weiter nichts machen konnte, und fügte sich drum betrübt in sein Schicksal und schaute, wo er etwas zu fressen und einen Stall oder Schuppen finden konnte, um sich darin niederzulegen. Kaum hatte er sich aber hier ausgestreckt, so kam der Hausherr, sah und führte ihn vor den Gemeinderichter als ein verlaufenes Tier. Dieser ließ ihn nun, bis sich der rechtmäßige Eigentümer drum melden würde, auf Gemeindeunkosten einsperren, wo er wenig genug zu fressen und zu saufen bekam, wohl aber, da er keinen Herrn hatte, fürs halbe Dorf Dienst tun mußte, so daß er die meiste Zeit immer mit schweren Frucht- und Mehlsäcken beladen auf dem Wege zur Mühle hin und her war. Da sich niemand um ihn meldete, wurde er endlich als Gemeindegut betrachtet, und man ließ ihm, wenn er just nichts zu tun hatte, freien Weg, sein Futter zu suchen.
Einen solchen Augenblick benützte er denn einmal und schlich sich seinem Hause zu, freilich nur, um sich vergangener glücklicherer Zeiten zu erinnern. Als ihn aber sein Weib da stehen sah und erkannte, wurde sie böse und verwandelte ihn, zum Teil auch aus Furcht, er könne sie verraten, mittels der Zaubernuß in einen Hund. Kaum sah sich der Unglückliche in seiner neuen Gestalt, so fühlte er sich noch unglücklicher, als da er sich zum erstenmal als Esel sah. Denn, dachte er, jetzt kann mich jeder, dem es beliebt, auf die Rippen schießen, und ist auch dies nicht der Fall, so gibt es ja Hunde genug, und zudem braucht man dieselben weniger. – Mit diesen trübseligen Gedanken schlich er sich wieder aus dem Dorfe aufs freie Feld, wo er sich unter einen Trupp Schäferhunde mischte. Hier gedachte er für jetzt am sichersten zu sein. Diese wollten ihn freilich anfangs nicht recht dulden, der Schäfer nahm ihn aber in Schutz, und als die andern dies bemerkten, gaben sie ihm Ruhe und betrachteten ihn endlich auch als ihren Kameraden.
Als ihn nun der Schäfer ein paar Tage in seinen Diensten hatte, freute er sich des zugelaufenen Hundes sehr, denn dieser versah fast das ganze Schäferhundegeschäft allein. Wenn die andern sich niederlegten und schliefen, hielt er rings um den ganzen Haufen Wache, wehrte, daß irgendein Schaden geschah, kurz, er versah mit einem Verstand, der fast ans Menschliche reichte, alles, was nur von dem besten Schäferhund verlangt werden kann. Der Schäfer selbst konnte sich oft halbe Tage von den Schafen entfernen, ohne einen Schaden besorgen oder es nachher bereuen zu müssen. Ja, eines Tages verriet sogar der Hund seinem Herrn, daß die anderen Hunde ausgemacht hätten, nachts die Wölfe zu rufen, um sich mit denen zusammen einmal mit fettem Schaffleisch recht gütlich zu tun. Der Schäfer glaubte zwar dem Hunde, doch wollte er sich von der Treulosigkeit der andern überzeugen und wartete, bis die Hunde in der Nacht richtig den Wölfen das verabredete Zeichen gaben. Da ergrimmte der Schäfer, nahm seinen Knittel und schlug alle seine Hunde samt und sonders tot, nur den treuen, der ihn aufmerksam gemacht hatte, ließ er leben und hielt ihn gut wie sein Kind. Zu dieser Zeit nun begab es sich, daß ein eiserner Wolf im Lande war und ringsum Angst und Schrecken verbreitete, indem er alle Kinder raubte, ohne daß ihm jemand hätte Einhalt tun können. Auch dem Kaiser selbst waren von dreien schon zwei Kinder geraubt worden, worüber er und die Kaiserin in große Trauer geraten waren. Noch größer aber war ihre Furcht, daß das eiserne Ungetüm auch ihr drittes und letztes Kind rauben werde. Deshalb versprach der Kaiser demjenigen eine große Belohnung, welchem es gelingen würde, den furchtbaren Wolf zu erlegen. Als der Schäfer dies hörte, erzählte er dem Kaiser von seinem vortreffichsten aller Hunde und rühmte von ihm, daß er gewiß sein drittes Kind vor dem Ungeheuer bewachen werde. Darauf ließ der Kaiser den Hund holen und an eine leere Bettstätte binden, und zwar im selben Zimmer, wo er mit der Kaiserin in einem Bette lag und sie das dritte Kind zwischen sich hatten.
Als sie nun in der Nacht schliefen, kam der eiserne Wolf und stahl das Kind aus dem Bett des Kaisers von der Seite der beiden Eltern. Der Hund hatte zwar großen Lärm gemacht, weil er aber angebunden war, so konnte er an den fürchterlichen Kinderräuber nicht kommen, welcher denn auch mit seiner Beute ungehindert davonging. Als der Kaiser erwachte und sich auch seines letzten Kindes beraubt sah, ergrimmte er und wollte des andern Tags den Hund, der ihm umsonst so gerühmt worden war, erschießen lassen. Dies hörte aber der Eigentümer desselben, trat vor den Kaiser und bat ihn, dies nicht zu tun. Als aber der Kaiser in seinem Zorn durchaus darauf bestand, so fragte der Schäfer, wo denn der Hund gewesen sei, als der Wolf gekommen, da sagte man ihm, im Zimmer, aber angebunden. Jetzt lachte der Schäfer und sagte: »Da hat er ja nicht können, wie er wollte!« und bat jetzt, das Tier nur ohne weiteres loszulassen, der Hund werde gewiß den Räuber finden. Da befahl der Kaiser, ihn loszulassen, und als dies geschah, rannte der Hund wie der Wind hinaus und davon. Einige der Umstehenden wollten wohl zweifeln, ob er wiederkommen würde, der Schäfer aber war guten Muts, und siehe, bald darauf kam das treue Tier zurück, auf seinem Rücken aber saßen reitend die beiden älteren vom eisernen Wolf geraubten Kinder, und im Maule trug er das dritte, welches derselbe erst diese Nacht genommen hatte.
Jetzt war natürlich die allgemeine Freude groß und nicht minder das Erstaunen über das wunderbar kluge Tier. Letzteres wuchs aber zu der grenzenlosesten Verwunderung, als es zu sprechen anfing und erzählte, wie es die Spur des eisernen Wolfes bis zu dessen Lager verfolgt und dort ihn und die Wölfin und zu seiner großen Freude unter den jungen Wölflein auch die drei Kinder des Kaisers gesund und unversehrt gefunden habe. Der überglückliche Kaiser schenkte jetzt dem Schäfer zehntausend Gulden und wollte ihm überdies den Hund abkaufen; dem war er aber um kein Geld feil, auch wollte der Hund seinen Herrn nicht verlassen.
Die Geschichte wurde natürlich schnell im ganzen Lande bekannt, und so hörte sie auch die Frau des Hundes, welche darüber sehr erschrak, da das böse Gewissen in ihr sprach. Sie verwandelte ihn deshalb mittels ihrer Zaubernuß in eine Taube. Dies verursachte, wie sich leicht denken läßt, dem Unglücklichen wieder neue Betrübnis. Kaum hatte er sich von einer in die andere Lage gefunden, so mußte er eine neue ihm unbekannte Gestalt annehmen.
Jetzt als Taube jedem Schützen ausgesetzt zu sein, der nach ihm lüstern war, war keine kleine Sache, drum flog er in seiner Not zur heiligen Mutter Freitag, und da sie die Sprache der Vögel verstand, klagte er ihr sein Leid. Diese tröstete ihn und versprach, ihm zu helfen. Sie machten nun zusammen aus, daß sie nach seinem Hause gehen wollten, da in dem Augenblick seine Frau mit ihrem Liebhaber ein glänzendes Essen gäbe. Hierzu wollte die heilige Mutter Freitag als Zigeunermusikant gehen, um die Gäste dort zu belustigen. Stanschu solle sich indessen als Taube dem Hause gegenüber auf einen Baum setzen, so daß er von den Fenstern aus gesehen werden könne; dorthin sollte ihm alsdann ein Zeichen gegeben werden können, wo die Zaubernuß liege.
Die Gäste in Stanschus Haus waren bereits beieinander, und alle sowie seine Frau mit ihrem Liebhaber waren guter Dinge. Da erschien der Zigeunermusikant, welcher mit großer Freude aufgenommen wurde. Während sich nun die ganze Gesellschaft an den Späßen und Schwänken des Spielmanns erlustigte, sah die Hausfrau mit einemmal eine Taube auf einem Baum dem Fenster gegenüber sitzen und erkannte sogleich ihren Mann. Erschrocken darüber, bat sie ihren Liebhaber, dieselbe herunterzuschießen; der aber, fröhlich und guter Dinge, wie er war, sagte: »Ei was! Sie tut ja niemand Schaden, sie soll leben!«
Währenddessen gab nun der Zigeunermusikant der aufmerksamen Taube das verabredete Zeichen und winkte nach dem Fenstergesimse, wo die Zaubernuß lag. Brrr, flog sie herbei, nahm die Nuß und ließ sich von derselben wieder ihre wahre Gestalt geben. Jetzt war Stanschu wieder da; dann noch ein Augenblick, und das böse treulose Weib samt dem Liebhaber wurden in ein Büffelpaar verwandelt, welches, die Nase wie Schweine im Kot haltend, in einer stinkenden Pfütze nebeneinander lag. Da Stanschu jetzt sah, daß sie beide da waren, wohin sie gehörten, dankte er der heiligen Mutter Freitag für ihren Beistand und ging weiter, seine Zaubernuß nie mehr aus der Hand gebend.
Es läßt sich denken, daß es ihm niemals mehr so schlecht erging wie in der letzten Zeit; die Geschichte aber schließt hier. Drum weiß ich auch nichts mehr, als dich zu bitten, daß dir diese Geschichte wohl gefallen haben möge.
[Rumänien: Arthur und Albert Schott: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat]