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Vom bösen Weibe

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Antipka hatte ein unsagbar böses Weib zur Frau und einen Haufen Kinder im Hause. Sagte Antipka nur ein Wort, griff das Weib zum Hebebaum und zielte schon auf Antipkas Rippen. Wollte er die Frau zur Vernunft bringen und nahm er die Peitsche in die Hand, fing das Weibsbild an zu brüllen und zu heulen und geriet in solche Wut, daß sie das Kind am Bein aus der Wiege zerrte und mit ihm um sich hieb! Die Augen traten ihr aus dem Kopf, Schaum stand vor dem Munde, ein Teufel war’s und kein Weib! Antipka hatte ein Hundeleben, und je älter die Frau wurde, desto schlimmer ward es! Er fing an zu überlegen, wie er das Weib wohl loswerden könne, und dachte sich was aus.
Eines Tages kam er ganz vergnügt aus dem Walde zurück und sagte freundlich zu seiner Frau: »Hör zu, liebes Weib! Ein Herrenleben wollen wir miteinander anfangen, wie einen Pfau putz ich dich heraus, denn ich hab einen riesengroßen Schatz gefunden!« – »Wo denn, du Lump? Zeig ihn mir. Ist er dir nicht bloß im Traum erschienen, du Vogelscheuche?« – »Nein, mein Kätzchen! nein, mein Liebchen! Hab ich ihn auch mit den Augen nicht gesehen, so hab ich doch mit den Ohren gehört, wie es von Gold und Silber geklimpert hat!« – »Wo war’s denn?« – »Dort im Walde, am steilen Absturz, wo die dreigablige Eiche steht.« – »Na, dann laß uns hingehn!« sagte das Weib schon etwas freundlicher. »Aber hüte dich: hast du mir was vorgelogen, fahr ich dir in die Haare! Wie hast du’s denn gehört? erzähle mal.« – »Ja, siehst du, ich wollte so zum Spaß einen Stein in jene Grube dort werfen, und wie ich ihn warf, da klirrten die Silberrubel und Goldfüchse auch, wie mir’s schien. Ich werfe noch einmal, und noch stärker hör ich’s! Ich werfe zum drittenmal, auf mein Wort, es klimpert!«
Sie kamen zur Grube: dunkel war sie und tief! »Na, Frau, hier hast du einen Kieselstein, wirf selbst, wenn du mir nicht glaubst!« Das Weib nahm den Stein, beugte sich vor und warf, Antip aber gab ihr eins ordentlich in den Nacken; einen Purzelbaum schlug sie, flog in die Grube hinunter und muckste nicht mehr! Kaum war Antip jedoch heimgekehrt, da liefen ihm die Kinder, lauter kleine Mädchen, entgegen und winselten: »Vater, gib Grütze! Vater, gib Brot! Vater, gib Milch!« Und dabei sollte er noch selber die Kuh melken, selber zum Flüßchen laufen, Windeln waschen, Pferde besorgen, nachts nicht schlafen, sondern den Säugling wiegen! »O weh, o weh!« rief Antip und kratzte sich am Kopf, »mit dem Weib war’s ein Elend, ohne Weib sind’s ihrer zehn, und zur Arbeit bleibt keine Zeit!«
Mit Antip ging’s bergab in der Wirtschaft, und da dachte er sich etwas Neues aus: »Ich will hingehn und das Weib herausziehn!« Er fing an, Fetzen und Fasern und Schnüre von Bastschuhen zu sammeln, band eines ans andre, stückte und flocht es zusammen und band an das Ende ein Fangeisen an von Ellenlänge. Dann ging er zur Grube, ließ den Strick mit dem Eisen hinab und schüttelte es ein wenig. Denkt euch, was da Seltsames geschah: an den Strick hängte sich etwas an, doch war es nicht von des Weibes Schwere. Antipka zog den Strick in die Höhe, zog und zog, schau! – da saß am Ende ein Teufelchen, sechs Zoll maß es und war ganz behaart! Antip rief aus: »Fort mit dir! ich kenne dich schon, bist klein von Wuchs, doch schlau wie der Fuchs! Laß los, Verfluchter, und scher dich dorthin, wo du bisher warst; hinauf ans Tageslicht kommst du mir nicht! Hör auf mich, sonst mach ich gleich ein Kreuz über dir!« Fing das Teufelchen an zu flehen: »Lieber Antipka! ich bin ein guter Teufel, und Reichtum geb ich dir; in fremden Häusern werd ich mich niederlassen, aber du sollst mich mit einem Wort daraus vertreiben können und Geld dafür nehmen. Doch merk dir’s, nur zweimal! Ich such dir schon die Allerreichsten aus. Als das böse Weib in die Grube fiel, da war kein Leben mehr für uns! Zieh mich hinauf, lieber Antip! ich halt dir mein Versprechen, deine Wirtschaft bring ich in die Höhe: Tagelöhner sollst du haben, Männer und Weiber, eine Amme nimmst du dir für die Kinder, wirst mit den Herren zu Tische sitzen.« Antip ließ sich verführen und zog den Teufel hinauf; plötzlich fühlte er’s leichter werden am Strick, der Teufel aber war wie weggeblasen.
Noch war keine Woche vergangen, als Antipka hörte, daß im großen steinernen Hause eines reichen Unternehmers ein Lärmen und Geklopf zu hören sei und nächtlicherweile ein Gelauf und Gelächter; die Leute hielten es schon nicht mehr aus! Da ging Antip zum Unternehmer, verneigte sich und sprach: »Bei Euch ist es nicht geheuer, Herr, ein gar böses Teufelchen hat sich eingenistet; du wirst ihn nicht anders austreiben, als wenn du mir befiehlst, es zu tun.« – »Schaff ihn fort, schaff ihn fort, lieber Antip!« sagte der Unternehmer, »so tief werd ich mich vor dir verneigen!« – »Gut!« antwortete Antip, »aber aus einem Bückling näht man keinen Pelz; ich bin ein armer Bauer mit einer zahlreichen Familie; sieben Töchter hab ich, und die älteste ist erst acht Jahre geworden, die Frau aber ist fortgelaufen, da muß ich selber hinter allem her sein! Gib mir für jede Tochter tausend Rubel, dann geh ich durch dein Haus, pfeife dabei und sage nur ein Wort – und kein Teufel bleibt länger darin.« Der Unternehmer handelte nicht lange, zog den Beutel heraus, zählte siebentausend ab und führte Antipka durch seine Zimmer. Und sowie Antip in ein Zimmer trat, pfiff er und schrie: »Hinaus!« Hinterm Ofen aber piepste es zur Antwort: »Ich geh fort!« Im ganzen Hause ging Antip herum, und überall ward es still; da wünschte er dem Hausherrn Glück zu dem Erfolg, und der Hausherr setzte ihm natürlich ausländischen Wein vor und allerlei Schnäpse und stellte den Imbiß auf den Tisch: hartgesottene Eier und einen Hecht in Sauce, allerlei Würste und noch vieles andre. Antip langte zu und aß sich für eine ganze Woche voll, sogar den Gurt warf er ab! Dann nahm er vom Hausherrn Abschied und schleppte sich heimwärts. Nun fanden sich bei ihm die Tagelöhner ein, Männer und Weiber; prächtige Pferde kaufte er sich und noch Gut. Weit ins Land drang Antipkas Ruhm, daß er ein Meister sei im Zaubern, obwohl kein altes Weib, so doch ein großer Teufelsbeschwörer!
Ein, zwei Monate später schickte ein Pächter aus der Stadt einen Boten zu Antipka. »Hilf uns, lieber Antip, ein Unglück ist bei uns geschehen!« sagte der Bote. »Was denn? Brennt vielleicht das Haus?« – »Nein, wenn’s auch nicht brennt, so steht es doch noch schlimmer: der Teufel treibt drin sein Unwesen! Im Hause ist ein Lärmen und Gebrüll, und Spinnweben und Dreck findst du überall! Der Pächter sieht nicht aufs Geld; mach dich nur heran, Bruder, und befrei uns vom Teufel.« – »Gut!« sagte Antip, spannte seinen Traber vor die Renndroschke und fuhr zum Pächter. Der nahm ihn bei der Hand, führte ihn achtungsvoll ins Haus und ließ ihn vorangehn, kurz – alle Ehr erwies er ihm, auf den Diwan setzte er ihn. »Hilf mir, mein Lieber!« rief der Pächter. Antipka aber strich sich seinen Bart; mit zehntausend war er schließlich einverstanden. Das Geld steckte er in die Tasche und ging dann pfeifend durch die Zimmer. Den Teufel vertrieb er, und überall ward es still und ruhig! »Dank dir für deinen Dienst!« sagte der Pächter, »ein Faß Wein laß ich dir ins Haus bringen.« Als aber Antip an den Kaufbuden vorbeifuhr, da schaute er die Topfkuchen und Kringel schon nicht mehr an, sondern verlangte: »Her mit dem feinsten Zuckerwerk!«
Und wie er nach Hause kommt, da steht auf der Schwelle schon der Aufseher und ruft: »He, Antip, komm schnell auf den Herrenhof!« – »Warum?« – »Der Teufel hat sich dort eingenistet, plagt alle Leute! Die Herrin weint bitterlich, die Kinder heulen und brüllen!« – »Lieber Iwanytsch, erbarm dich! zum drittenmal kann ich den Teufel nicht forttreiben!« – »Komm mit und sprich mit dem Herrn! ‚Treibt er mir bis zur Nacht den Teufel nicht aus‘, hat der Herr gesagt, ’so laß ich ihn im Stall vom Kopf bis zu den Füßen auspeitschen, verschick ihn auf Ansiedlung, nehm seine Töchter in Frondienst und schinde sie zu Tode!’« – »Dann bleibt mir nichts übrig«, antwortete Antip, »gleich lauf ich hin; laß mich nur das Pferd ausspannen.« Antip aber war keiner von den Dummen: die Leute zu betrügen hatte er schon gelernt, nun wollte er auch den bösen Geist übers Ohr hauen. Er schirrte den Gaul ab, warf seine neuen Kleider fort, suchte sich alte zusammen und riß auch die noch in Fetzen; er zerwühlte sein Haar und zog Lumpen an und statt der Stiefel abgetragene Bastschuhe, zerkratzte sein Gesicht blutig und lief ins Dorf zum Herrenhof. »Was willst du? hast du unsere Abrede vergessen?« sagte das Teufelchen. »Ich weiß!« erwiderte Antip, »forttreiben will ich dich auch nicht, such ja doch selbst beim Herrn Rettung. Aber mein Weib ist aus der Grube entkommen, rennt mir auf den Hacken nach und will mich umbringen!« – »Was?« schrie das Teufelchen, »aus der Grube ist sie entflohen! rennt dir nach! Nein, lieber geh ich dann zu den Brüdern in die Grube zurück! Jetzt, ohne das Weibsbild, wird’s ja hoch hergehn in der Hölle!« So lief denn das Teufelchen fort zu der Grube, und in den Gemächern des Herrn ward es still. Da erwies der Gutsherr Antipka die Gnade und befreite ihn von aller Fron. Antipka kehrte heim, und da stand schon das Weinfaß auf dem Hof; der Pächter hatte ihn nicht betrogen! Antipka rief die Nachbarn zusammen und bewirtete sie; am andern Tage mußte er sich wieder ernüchtern, trank wieder, aber nicht mit Maß, und besoff sich aufs neue. Von der Zeit ab saß er Tag und Nacht am Faß, und immer erschien ihm seine Frau! Wenn er einschlief, legte sie ihm das Knie auf die Brust und drückte ihm die Gurgel zu; wachte er auf, stand sie in der Ecke und drohte ihm mit der Faust. Schrecklich war’s und qualvoll! Da griff er natürlich zum Glase. Antipka starb am Suff; man trug ihn auf den Kirchhof, die Töchter aber kamen in Frondienst, und sein Hab und Gut wurde in alle Winde zerstreut.

[Rußland: August von Löwis of Menar: Russische Volksmärchen]

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