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Von dem Alten und der Alten mit dem Hahne und dem Huhne

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Es war einmal eine alte Frau und ein alter Mann, die hatten einen Hahn und ein Huhn. Sie lebten lange zufrieden mit einander, aber endlich wurden sie so uneins, daß sie abteilten, und dabei bekam der Alte den Hahn, und die Alte das Huhn. Das Huhn aber war tüchtig und legte der Alten viele Eier. Da sagte einmal der Alte zu ihr: »Ei, Alte, gieb mir doch ein paar Eier!« Die aber wollte ihm keine geben, und sagte ihm: »Dein Hahn kann dir ja welche legen.«
Da wurde der Alte zornig, ergriff den Hahn, und schlug so lange auf ihn, bis er ihm ein Bein gebrochen, und drauf schickte er ihn fort, um ihm Eier zu holen.
Da machte sich der Hahn auf, und ging und ging Berg auf, Berg ab.
Endlich traf er auf einen Fuchs, der fragte ihn: »Wo gehst du hin, Schnapphahn?« – »Bis hierher und zurück«, antwortete dieser.
»Darf ich auch mitgehen?«
»Komm‘ mit! daß du mir aber nicht müde wirst!«
Da lachte der Fuchs und sprach: »Du hast nur einen Fuß, und ich habe viere, und ich sollte müde werden?«
Sie machten sich nun zusammen auf den Weg und gingen so weit, bis der Fuchs sagte: »nun bin ich müde!« – und der Hahn sprach: »so setz dich auf mein Schwänzchen«; und so ging es wiederum ein gut Stück weiter.
Da traf er einen Wolf, der fragte ihn:
»Wo gehst du hin, Schnapphahn?«
»Bis hierher und zurück!«
»Darf ich auch mitkommen?«
»Komm! daß du mir aber nicht müde wirst!«
Da lachte der Wolf und sprach: »Du hast nur einen Fuß und ich viere und du sprichst mir von müde werden?«
Sie machten sich nun zusammen auf den Weg, und gingen so weit, bis der Wolf sagte: »nun bin ich müde!«
Da sagte ihm der Hahn: »so setz dich auf mein Schwänzchen.«
Nachdem der Hahn wieder ein gutes Stück gegangen war, kam er zu einem Fluß, und wußte nicht, wie er drüber kommen sollte. Endlich fiel es ihm ein, und er rief zweimal seinem Bürzel zu: »schlürf mir den Fluß ein«; und dieser tat, wie ihm befohlen worden.
Nachdem er nun wieder eine Weile gegangen war, kam er an einen Krautgarten, der einem König gehörte; da schlüpfte er in einen faulen Kohlstrunk und schrie: »Kikeriki! Ich mache auf des Königs Bart, auf seines Sohnes Schnurrbart, und auf den Rocken der Prinzessin«, und rief so lange, bis es der König hörte. Da sagte er zu dem Diener: »geh‘ mal hin, und sieh‘ zu, wer so schreit.« Der kam zurück und sagte: »Es schreit wie ein Hahn im Kohlgarten.«
Drauf sagte ihm der König: »Geh‘ hin und schneide alle Kohlköpfe ab, und laß mir keinen stehn, damit wir herausbringen, wer das ist.«
Der Diener ging hin und schnitt alle Krautköpfe ab, konnte aber nichts finden; und wie er wieder zum König zurückkam, da fing der Hahn von Neuem an, und rief: »Kikeriki! Ich mache auf des Königs Bart, auf seines Sohnes Schnurrbart und auf den Rocken der Prinzessin!«
Da sprach der König zu dem Diener: »Du hast sie gewiß nicht alle abgeschnitten.« Und der antwortete: »Ich habe nur einen faulen stehen lassen.«
Der König sprach: »geh‘ hin und schneide auch den ab.«
Drauf ging der Diener hin, schnitt ihn ab, fand den Hahn drin sitzen, und brachte ihn dem König.
Der aber sagte zum Diener: »Tue ihn zu den Hühnern, damit sie ihn so lange beißen, bis er drauf geht.« Und das geschah. Da ließ der Hahn den Fuchs los, und der fraß die Hühner.
Drauf befahl der König: »Wirf den Hahn zu den Pferden, damit ihn diese tot treten.« Und das geschah. Da ließ der Hahn den Wolf los, und der fraß die Pferde auf.
Darauf sagte der König: »Heitze mir den Backofen tüchtig, bis er glühend wird, und wirf ihn hinein, damit er darin verbrenne.«
Da heitzte der Diener den Ofen so lange, bis er glühend wurde, und warf den Hahn hinein. Der aber ließ den Fluß los, und löschte den Ofen.
Drauf sagte der König: »Nimm ihn und wirf ihn in das große Gewölbe, wo die großen Goldstücke sind, damit er davon fresse und daran ersticke.« Sie warfen also den Hahn hinein, der fraß und fraß, bis er nicht mehr konnte, nahm noch ein Goldstück in den Mund, und stellte sich, als ob er tot wäre.
Nach einer Weile sagte der König zu seinem Diener: »Geh‘ hin, und sieh zu, ob er draufgegangen ist, und wirf ihn hinaus.« Der Diener ging und fand den Hahn auf der Erde liegen und glaubte, er wäre draufgegangen, hob ihn auf, und warf ihn hinaus. Kaum war der Hahn draußen, so stand er auf und krähte: »Kikeriki, ich mache auf des Königs Bart, auf seines Sohnes Schnurrbart und auf den Rocken der Prinzessin!«
Da befahl der König dem Diener: »geh hin und fange ihn, damit wir ihn schlachten.« Und der Diener ging hin, und wie er den Hahn greifen wollte, schlug der mit den Flügeln, flog fort, kam zu dem Alten zurück und rief: »Alter, Alter, komm her und breite dein Strohmattlein aus, und dein Säcklein, und nimm dein Seilchen und dein Stöckchen. Hänge mich auf und schüttle mich, damit du siehst, was für schöne Sachen ich dir mitgebracht habe.« Da nahm ihn der Alte, schüttelte die Goldstücke aus ihm heraus und füllte seinen Sack damit.
Als die Alte das sah, sagte sie zu ihm: »Gieb mir doch auch ein paar Goldstücke!« Der Alte aber erwiderte: »Ei was! Neulich hab‘ ich ein Ei von dir verlangt, da hast du mir auch keins gegeben; und da mir das der Hahn gebracht hat, so kannst du ja auch deine Henne ausschicken, um eben so viel zu bekommen.«
Da griff die Alte die Henne, bläute sie tüchtig und befahl ihr dann fortzugehn und ihr auch Goldstücke zu bringen.
Das arme Huhn machte sich auf den Weg und lief hierhin und dorthin, fand aber nur ein paar alte Heller und falsche Groschen, ein paar Schlangen und Eidechsen; die verschluckte sie, kam zur Alten zurück und rief: »Alte, Alte! komm her und breite dein Strohmattlein aus und dein Säcklein, und nimm dein Seilchen und dein Stöckchen. Hänge mich auf und schüttle mich, damit du siehst, was für schöne Sachen ich dir mitgebracht habe.«
Die Alte nahm nun das Huhn und schüttelte es, aber es fielen nur alte Heller und falsche Groschen heraus. »O Glücksstern!« rief die Alte, »was für Dukaten mir die gebracht hat!« Drauf schüttelte sie von Neuem, da fielen die Schlangen und Eidechsen heraus und stürzten auf sie los, um sie zu beißen. Die Alte aber lief und lief, bis sie zu einem Stall kam, wo wilde Ziegen wohnten, und dort versteckte sie sich unter einem Waschtrog.
Als nun des andern Tags die Ziegen auf die Weide gegangen waren, da kam die Alte heraus und kehrte den Stall, und versteckte sich dann wieder unter den Trog.
Das geschah einmal und zweimal, da sagten die Ziegen zu einander: »Wer mag das wohl sein, der uns so schön auskehrt?« und machten aus, daß eine von ihnen morgen zurückbleiben solle, um zu sehen, wer das wäre. Es blieb also ein Böckchen zurück; das wartete und wartete, bis es hungrig wurde und auf die Weide gehen mußte. Da kam die Alte hervor, kehrte aus und versteckte sich dann wieder unter den Trog. Am Abend kamen die Ziegen zurück und fanden den Stall wieder ausgekehrt.
Als sie nun am andern Morgen auf die Weide gingen, blieb ein räudiges Zicklein zurück; das wartete und wartete, es kam aber Niemand; da ließ es sich hinfallen und stellte sich tot. Als das die Alte sah, kroch sie heraus, nahm das Zicklein und beweinte es: »I, hi hi! mein Söhnlein! I, hi hi! mein Söhnlein!« Drauf legte sie es in eine Ecke, kehrte aus und versteckte sich wieder unter den Trog. Das räudige Zicklein aber, das sich tot gestellt hatte, lief zu den Ziegen und sagte ihnen: »so und so: es ist eine Alte, die kam unter dem Trog hervor, kehrte aus und versteckte sich wieder darunter.«
Als am Abend die Ziegen nach Hause kamen, gingen sie zum Troge, fanden die Alte darunter, und fragten sie, was sie da mache; und die Alte erzählte ihnen, wie es ihr ergangen. Drauf sagten ihr die Ziegen: »Du hast gut getan, hierher zu kommen; du kannst uns immer auskehren und Zweige schneiden, und dafür Milch essen.« – »Gut!« sagte die Alte, und dabei blieb’s.
Nach der Hand erfuhr der Alte, wo sie sei. Er machte sich also auf, und kam zu ihr, und sagte ihr: »Bringe mir eine Schüssel Milch!« Die brachte sie, und er aß sie aus. »Bring‘ mir noch eine!« Die Alte brachte noch eine, und er aß sie aus. Drauf sprach der Alte: »Mit der Schüssel kann ich nicht satt werden. Bring mir einen Eimer voll, damit ich mich einmal recht satt esse.« – »Gut«, sagte die Alte; »aber wenn du so viel Milch issest, so mußt du furzen, und da laufen mir die Ziegen weg.« – »So verstopf‘ mir das Loch mit dem Hammer.« – Das tat die Alte, und er aß sich knüppeldick. Da zog er den Hammer heraus, – brrrr! brausten die Winde, – hui! liefen die Ziegen.
Die Alte lief den Ziegen nach, und lief und lief, bis ihr ein Wolf begegnete. Zu dem sagte sie: »Herr Nicola! Herr Nicola! hast du meine Ziegen und meine Zicklein nicht gesehn?«
»Ich habe sie nicht gesehn.«
Da lief die Alte weiter, bis ihr eine Füchsin begegnete; die fragte sie: »Frau Maro! Frau Maro! hast du meine Ziegen und meine Zicklein nicht gesehn?«
»Ja wohl!« antwortete diese. »Was giebst du mir, wenn ich dich zu ihnen führe?«
»Mein bestes Böcklein.«
»Wann giebst du’s mir?«
»Nächsten Sonnabend.«
Da zeigte ihr die Füchsin die Ziegen, und sie nahm sie und trieb sie nach Hause.
Am andern Sonnabend machte sich die Füchsin auf, um das Böcklein zu verlangen. Die Alte aber nahm es und setzte es hoch auf das Dachgebälke.
Da kam die Füchsin und sagte: »Gieb mir das Böcklein.«
»Nach der Hand«, sprach die Alte. »Komm, erst wollen wir essen.« Sie aßen also, und als sie fertig waren, sagte die Füchsin: »Nun gieb mir’s!«
»Nach der Hand! Lause mich erst ein bischen!«
Die Füchsin lauste sie also und sagte drauf: »gieb mir’s nun!«
»Es ist nicht hier, es kommt erst gegen Abend.«
Da pißte das Böcklein von oben herunter.
»Zit, zit!« rief die Alte. »Da ist mir der Honig ausgelaufen.«
Drauf mistete das Böcklein.
»Zit, zit!« rief die Alte. »Da laufen mir die Rosinen aus!«
Drauf meckerte das Böcklein: »meh, meh!«
»Ei, Alte!« sagte die Füchsin; »du hast das Böcklein, und sagst, es wäre nicht hier!« Sie nahm es nun ohne Umstände, setzte sich drauf und ritt und ritt, bis sie einem Schafhirten begegnete, und rief: »He, Schafhirt, Schafhirt! hast du Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen?«
»Ich habe Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen. Aber Essen und Trinken hab‘ ich nicht.«
»Das hab‘ ich unter meinem Schwänzchen.«
Drauf brieten sie das Böcklein.
Und in der Frühe nahm die Füchsin das Fett, bestrich damit den besten Widder und rief:
»He, Schafhirt, Schafhirt! siehe, das Fett von meinem Böcklein ist an den Hörnern deines Widders.« Da nahm die Füchsin den Widder, setzte sich drauf, und ritt und ritt, bis sie einen Kuhhirten fand. Dem rief sie zu: »Kuhhirt, Kuhhirt! hast du Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen?«
»Ich habe Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen. Aber Essen und Trinken hab‘ ich nicht.«
»Das hab‘ ich unter meinem Schwänzchen.«
Nachdem sie den Widder gebraten und gegessen hatten, nahm die Füchsin das Fett, und bestrich damit die beste Kuh.
Am andern Morgen stand sie auf und rief:
»He, Kuhhirt, Kuhhirt! das Fett von meinem Widder ist an deiner Kuh.« Drauf nahm sie die Kuh, setzte sich drauf und ritt und ritt, bis sie einen Pferdehirten fand.
»He, Pferdehirt, Pferdehirt! hast du Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen?«
»Ich habe Feuer, um dran zu sitzen, und Feuer, um sich zu wärmen. Aber Essen und Trinken hab‘ ich nicht.«
»Das hab‘ ich unter meinem Schwänzchen.«
Drauf brieten sie die Kuh. Und am andern Morgen beschmierte die Füchsin die beste Jungstute mit deren Fett und rief:
»Pferdehirt, Pferdehirt! das Fett von meiner Kuh ist an deiner Stute«; setzte sich darauf und ritt heim, sperrte sie in den Stall und sagte zu ihr: »Wenn der Wolf kommt, und zu dir spricht: Füllchen, Füllchen! mach‘ das Thürchen auf; ich bring‘ dir kaltes Wasser und frisches Gras! dann sag‘ ihm: Du bist der Wolf und frissest mich; und mach‘ ihm nicht auf. Denn wenn ich komme, will ich rufen: Füli, Füli! mach‘ das Thürli auf, ich bring dir kaltes Wasser und frisches Gras.«
Da kam der Wolf und rief:
»Füllchen, Füllchen, mach das Thürchen auf. Ich bring dir kaltes Wasser und frisches Gras.«
Die Stute aber sagte: »Du bist der Wolf und frissest mich.«
Drauf ging der Wolf zum Schmied und sagte ihm: »Schmied, hämmere mir die Zunge fein, denn ich will die Stute der Frau Maro fressen.« Und der Schmied hämmerte ihm die Zunge, aber die wurde davon immer dicker. Und wie er nun vor dem Stalle rief:
»Füllchen, Füllchen, mach das Thürchen auf. Ich bring dir kaltes Wasser und frisches Gras«; so sagte die Stute:
»Du bist der Wolf und frissest mich.«
Der Wolf ging also zum Schmied zurück und sagte ihm: »Warum hast du nicht besser drauf geschlagen?«
Der aber sprach: »Je mehr die Zunge gehämmert wird, desto dicker wird sie. Geh‘ unter jenen Baum, dort ist ein Ameisenhaufen, da stecke die Zunge hinein, und laß sie von den Ameisen so lange abfressen, bis sie fein wird.« Der Wolf tat, wie ihm geraten wurde, ging darauf zur Stute und rief:
»Füli, Füli! mach das Thürli auf! Ich bring‘ dir kaltes Wasser und frisches Gras.«
Da machte die Stute die Türe auf und glaubte, es wäre die Füchsin; und der Wolf stürzte herein und fraß sie.
Wie nun die Füchsin zurückkam, fand sie die Stute gefressen und rief: »Der Herr Nicola hat sie gefressen, aber ich bring’s ihm ein.« Sie lud ihn also zu Gast, und machte einen Kessel voll heißes Wasser; und nachdem sie tüchtig gegessen hatten, sagte sie zum Wolf:
»Komm, wir wollen sehn, wer am besten über den Kessel springt;« und sprang bald von hier, bald von dort hinüber.
Drauf nahm der Wolf auch einen Ansatz, um drüber zu springen; und die Füchsin gab ihm einen Stoß, daß er hinein fiel und sich verbrühte. Da rief er: »Zieh‘ mich heraus, zieh‘ mich heraus, Frau Maro!« Die Füchsin aber lachte: »Hahahaha! Dir geschieht ganz recht; eben so zappelte meine Stute, als du sie gefressen hast.«

[Griechenland: Johann Georg von Hahn: Griechische und Albanesische Märchen]

 

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