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Märchenbasar

Wie der Teufel den heiligen Franziskus plagte

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Der heilige Franziskus tat Wunder über Wunder, so daß der Teufel vor Neid beinahe platzte. Nun stellt euch vor, wie er den Heiligen versuchte! Einmal trat er in sein Zimmer ein, hatte sich wie ein großer Herr gekleidet und trug eine Kiste voll Geld: ‚Nimm davon, Franziskus‘, sagte er, ‚bleibe nicht länger im Elend, sondern genieße das Leben. Der Lebensweg ist mit Rosen übersät, was willst du die Dornen aufsuchen?‘ Sankt Franziskus ließ sich nicht beirren, er hob die Hand und machte das Zeichen des Kreuzes, und der große Herr verschwand im Schwefelrauch. Immer wieder kam der Teufel, um den Heiligen zu versuchen, aber Sankt Franziskus blieb ungerührt wie ein Holzklotz, nahm seine Zuflucht zum gewohnten Kreuzeszeichen, und der ganze Spuk verschwand. Der Teufel wollte sich aber nicht damit zufrieden geben. ‚Ist es denn nicht möglich, etwas zu erfinden, daß dieser unheimliche Mensch die Geduld verliert?‘ rief er, und nach langem Nachdenken glaubte er es endlich heraus zu haben. Er schuf die Mäuse, die sich zusehends vermehrten, und füllte damit das Zimmer des Heiligen. Sankt Franziskus verjagte sie mit Händen und Füßen. Aber kaum waren sie zur Tür hinaus, so kehrten sie durchs Fenster zurück; und schloß er Tür und Fenster, so schlüpften sie durch die Ritzen des Fußbodens und der Wände wieder herein. Und sie kletterten in den Rock des Heiligen, sie krochen in den Strohsack, nisteten sich im Korb ein, und es fehlte nicht viel, so hätten sie ihr Geschäft auf seinem geschorenen Kopfe besorgt. Sankt Franziskus aber – ei sieh mal an! plötzlich fing er laut an zu lachen. Was war denn vorgefallen? Nach einem inbrünstigen Gebet, währenddessen die Mäuse zu Haufen einen äußersten Angriff gewagt hatten, hatte Jesus Christus unter seiner Kutte einen schönen großen Kater geschaffen. Da rief Sankt Franziskus den Mäusen zu: ‚Halt da! Ich beschwöre euch! geht an eure Sachen, oder ihr laßt die Haut!‘ Aber die Mäuse spitzten ihr Schnäuzchen gegen ihn, als ob sie ihn durchbohren wollten. Da zog er den großen Kater unter seiner Kutte hervor, der warf sich auf die Mäuse, und mit dem wunderbaren Hunger, den er hatte, verschlang er sie, zwei auf einmal, wenn sie groß waren, und zu dreien oder vieren, wenn sie klein waren. Sankt Franziskus wollte sie alle vertilgen lassen und lief, um einen Eingang zum Boden zu verschließen, danach machte er Fenster und Türen zu, aber er war nicht schnell genug: von den Mäusen konnten gerade ein Männchen und ein Weibchen entfliehen. Von diesen beiden stammt die ganze lästige Mäusegesellschaft ab. Aber nach einem Gebet des Heiligen erhielt auch der Kater eine Gefährtin, und so hat sich auch das Katzengeschlecht vermehrt. Darum haben die frommen Hausbewohner des südlichen Italiens eine zärtliche Vorliebe für die Katze. Und das will ich meinen! Sie ist ja auch das Tier des heiligen Franziskus.

[Italien: Oskar Dähnhardt: Naturgeschichtliche Märchen]

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