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Träumlein,Schäumlein und der Porzellanpalast

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Am hohen Himmelszelt, viele Lichtjahre von der Erde entfernt, lebten seit Tausenden von Jahren zwei Sterne.
Nun sind tausende von Jahre für Sterne ja kein Alter und so waren die beiden immer noch Sternenkinder. Das Sternenmädchen hieß Träumlein und der Junge Schäumlein. Oft winkten sie einander zu, denn sie standen recht weit voneinander entfernt.
Aber einmal im Jahr, beim großen Sternenball, durften sie sich nahe sein. Dann neckten sich die Beiden, ließen ihre hübschen Sternenaugen nicht mehr voneinander und tanzten, was die Zacken hergaben. Und weil sie in diesem Jahr nicht aufpassten, wo sie hin traten, rutschten sie von der Tanzwolke und plumps, fielen sie wie zwei Sternschnuppen auf die Erde und landeten etwas unsanft auf einer kleinen Lichtung mitten im Wald.
Die kleinen Sterne, die sich zum ersten Mal auf der Erde befanden, blickten erstaunt auf die Bäume und Tiere, die sie vorher noch nie gesehen hatten. Löffelohr, der Hase, erschrak, als die Beiden vom Himmel plumpsten. Doch als er sah, dass es Sternekinder waren, hoppelte er treuherzig herbei und wollte wissen, woher sie kamen. Er erzählte ihnen, was er tagsüber so machte. Indessen turnten die Eichhörnchen auf den Zweigen herum und begriffen nicht, dass die zwei Sternlein nicht mit ihnen von Ast zu Ast springen und klettern konnten. Ein Eichelhäher wollte ihnen eine Freude machen und schenkte ihnen ein paar Nüsse. Plötzlich wurde der Himmel grau, ein Sturm kam auf, grelle Blitze zuckten und der Donner schlug auf die Pauke. Es begann heftig zu regnen. Die beiden Sternlein suchten Zuflucht unter einem großen Steinpilz. Auch die Tiere des Waldes waren verschwunden, um Schutz zu suchen.
Wie sollte es nun weitergehen?
Träumlein und Schäumlein fühlten sich sehr einsam und erschraken bei jedem Blitz.

Nicht weit von ihnen entfernt, stand ein altes Schloss. Es war aus feinstem Porzellan gebaut und lag am Rande eines unendlich tiefen Sees. Früher war es voll Licht und Leben gewesen, doch jetzt stand es grau und unheimlich da. Keiner wollte mehr dort wohnen. Die Schönheit des Porzellans war äußerlich verblasst, aber innen putzten hunderte von Blumenelfen von morgens bis zum späten Abend. Praksida, die Hexe, hatte sie gefangen und ihre Flügel gestutzt, damit sie nicht davon fliegen konnten. Wenn sie einmal müde wurden und auf ihren harten Porzellanbetten ruhen wollten, jagte sie Einauge, der schwarze, hässlich Kater durch den Palast. Er tat das so lange, bis sie aufgaben und freiwillig wieder an ihre Arbeit gingen. Niemand, der davon wusste, getraute sich in die Nähe des alten Porzellanschlosses, um die Blumenelfen zu befreien.

Praksida, die alte Hexe, saß in der Nähe des Sees und blickte in ihre goldene Zauberkugel. Da sah sie zwei blitzeblanke Sternlein verängstigt unter einem großen Steinpilz sitzen.
„Ha, ha“, lachte sie, „ihr fehlt mir noch in meiner Sammlung.“ Sie rieb sich vor Freude ihre knorrigen Hände.

Währenddessen beratschlagten Träumlein und Schäumlein unter dem Pilz, wie sie nach Hause in ihr Himmelszelt kommen könnten! Das hörte ein Stein, der vor ihren Füßen lag. Er erzählte ihnen:
„Passt bloß auf, dass euch die Hexe Praksida nicht erwischt! Die sammelt alles, was glänzt und schön ist. In ihrem alten Palast wimmelt es von wunderschönen Blumenelfen, die sie gefangen hält und zur Arbeit zwingt. Fast jede Nacht höre ich sie weinen. Ach, die armen, zarten Elfen. Ich wünschte, ich wäre kein Stein! Manchmal kommt sie mit ihrem Kater Einauge hier vorbei. Dann wälzt er sich hier im Staub und stinkt gar fürchterlich. Ich kann euch nur raten, haltet euch von der bösen Hexe und dem Schloss fern.
„Danke, lieber Stein“, sagte Schäumlein, der Sternenjunge.
Doch sie liefen genau in die falsche Richtung.
Der Stein rief ihnen noch eine Warnung hinterher, aber sie hörten es nicht mehr.
„He, Sternekinder! Nicht da entlang. Das ist die falsche Richtung.“
Unverhofft standen sie vor dem Porzellanpalast. Alles schien ruhig. Keine böse Hexe war da, auch Einauge ließ sich nicht blicken.
„Lass uns an den See gehen“, sagte Träumlein, „ich habe großen Durst!“
Kaum steckten die Sternlein ihre Köpfe in den See um zu trinken, fiel ein großes Netz über sie, ihre Zacken verfingen sich in den geknüpften Seilen und sie waren dem Fänger hilflos ausgeliefert.
„Jetzt gehört ihr für immer mir!“, lachte die Hexe Praksida schaurig und zerrte die verängstigten Sternlein in ihren Palast. Wie sie sich auch wehrten, es war vergebens. Mitten im großen Saal ließ die Hexe sie liegen.
Die Elfen wichen verängstigt zurück. Träumlein und Schäumlein versuchten sich von dem Netz zu befreien. Es gelang ihnen nicht. Da gingen die Elfen mutig näher und befreiten sie.
Von der Pracht im Palast waren Träumlein und Schäumlein geblendet. Und wie schön die vielen Blumenelfen waren! Tausendmal schöner als alle Pracht, die sie umgab!
Aber die blickten sie mit großen, ängstlichen Augen an und schwiegen verängstigt.
Erst nach und nach begannen sie den Neulingen ihr Leid zu klagen. Bis in den frühen Morgenstunden beratschlagten sie, wie sie der Hexe entkommen könnten!
„Ich habe eine Idee“, sagte Schäumlein, „es ist ein Versuch wert.“
„Schlaft jetzt noch ein wenig“, ermahnte er die anderen. Die Nacht ist fast um und wir brauchen unsere Kraft.“ Als die Sonne aufging begannen die Blumenelfen wie gewohnt ihre tägliche Arbeit. Von der Hexe und ihrem einäugigen Kater war nichts zu sehen. Die Türen waren wie immer verschlossen.
Da nahm der Sternenjunge einen seiner Zacken in beide Hände und rollte ihn solange, bis er spitz genug war um ins Schlüsselloch zu passen. Er stocherte und drehte bis sich die große Eingangstüre öffnen ließ. Die Blumenelfen huschten in die Freiheit, so schnell sie konnten. Ihre gestutzten Flügel verwandelten sich augenblicklich in wunderschöne, bunte Flügelchen. Ihr Jauchzen und Singen hallte noch lange nach, schon als sie längst außer Sicht waren.
Wie aus dem Boden geschossen stand Praksida, die Hexe, mit ihrem hässlichen, schwarzen Kater vor ihnen:
„Das sollt ihr mir büßen!“, schrie sie wütend und suchte in ihrer Schürzentasche nach ihrem Zauberbuch. Da blendeten sie die zwei Sternlein so stark mit ihrem Glanze, dass sie nie wieder einen Zauberspruch lesen konnte. Nur ein einziger fiel ihr noch ein:
„Hokuspokus, ich verbanne euch für ewig in den Sternenhimmel!“
Und das war genau das Richtige, für Träumlein und Schäumlein.

 
Quelle: Marianne Schaefer

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