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Kachna und Magda

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Einem leichtsinnigen Bauern starb die Frau, doch er war nicht traurig darüber, denn er hatte sie schon zu ihren Lebzeiten verhöhnt. Die Frau hinterließ als Waise ein Töchterchen, das der Vater unbarmherzig behandelte. Als er erneut heiratete, nahm er sich eine Witwe zur Frau, die eine Tochter hatte, die genau so alt war wie die seine. Das erste Mädchen hieß Kachna, das zweite Magda. Die boshafte Stiefmutter quälte ihre Stieftochter, wo sie nur konnte, hetzte den Vater gegen sie auf, so daß das arme Mädchen vielerlei Plagen und Kümmernisse geduldig ertragen mußte. Schließlich besprach sich die Stiefmutter mit dem hartherzigen Vater, Kachna ganz und gar aus dem Haus zu treiben. Damit dem Scheine nach keine Schuld auf sie fiel, vereinbarten sie, das Mädchen nach Beeren in den Wald zu schicken, wo es sich verirren und nicht mehr zurückfinden würde. Ihr Vater ging zuerst in den Wald, aber bevor er ging, sagte er zu seiner Tochter: „Du kommst mir nach zu der Stelle, wohin du schon öfter Essen gebracht hast. Ich werde dort Holz schlagen, und du kannst inzwischen Beeren sammeln!“
Und Kachna ging ihrem Vater nach in den Wald mit einem durchlöcherten Topf, den ihr die Stiefmutter absichtlich gegeben hatte.

Im Wald traf sie den Vater aber nicht an; sie begann zu rufen, doch vergeblich. Dann begann sie Beeren zu sammeln, nur konnte sie ihren Topf nicht füllen, er hatte ja Löcher.
Schließlich bekam sie große Angst, verlor den Weg und irrte lange, lange im Wald umher. Ermüdet und hungrig geriet sie auf einen Pfad, wo sie einem alten Weiblein begegnete.
Diese Alte befragte sie, woher sie komme, und Kachna erzählte ihr weinend ihre Not. Da sagte das Weiblein: „Möchtest du nicht zu mir in den Dienst kommen?“
„Wehalb nicht“, antwortete das Mädchen. Nachdem die Alte das Mädchen in ihr Haus geführt hatte, beschrieb sie ihr, welche Arbeiten sie verrichten müsse. Sie trug ihr auf, jeden Morgen die Stube zu fegen und den Kehricht in eine Truhe zu schütten, die in der Kammer stand. Für das erste Mittagsmahl gab die Alte ihr eine Erbse, ein Hirsekorn und ein Körnchen Buchweizengrütze und beauftragte sie, dies während ihrer Abwesenheit zu kochen. Kachna tat, wie ihr die Wirtin aufgetragen hatte, und staunte nicht wenig, als sie sah, daß die Töpfe plötzlich voller Speisen waren. Sie aß sich selber satt und gab noch dem Hund und der Katze davon.

Als das erste Dienstjahr sich seinem Ende neigte, sagte das Weiblein zu ihr: „Liebes Kind, wenn du willst, kannst du jetzt nach Hause zurückkehren! Nimm die Truhe, in der du immer den Kehricht geschüttet hast, setzte sie auf das Wägelchen und spanne den Hund und die Katze davor. Da du die beiden immer gut versorgt hast, werden sie dich dafür auch nach Hause fahren.“ Kachna tat, was ihr die Alte aufgetragen hatte. Als sie sich ihrem Elternhaus näherte, riefen der Hund und die Katze: „Vor ihr klirrt es, hinter ihr klirrt es. Kachna bringt nur Gutes!“
Auf diesen Ruf hin kam die Stiefmutter wuterfüllt angelaufen, schlug auf das Gespann ein und rief dabei: „Nicht so sollt ihr rufen, sondern so: Vor ihr klirrt es, hinter ihr klirrt es, Kachna bringt nur Schlechtes!“ Der Hund und die Katze achteten darauf aber nicht, sondern riefen weiterhin wie zuvor.Doch als man die Truhe vom Wägelchen nahm und hineinsah, was erblickte man da!
Lauter Schmuck, teure Gerätschaften, golddurchwirkte Kleider. Die Freude war im ganzen Hause groß; der Hund und die Katze kehrten aber zur Herrin, dem alten Weiblein zurück.

Vom unbeschreiblichen Neid gebeutelt, sagte die Stiefmutter zu ihrem Mann: „Weißt du, wir werden auch Magda in diesen Dienst schicken, damit sie ähnliche Reichtümer erwerben kann.“ Und sie machten es mit Magda ebenso wie seinerzeit mit Kachna. Auch Magda traf das alte Weiblein, das sie – ebenso wie seinerzeit Kachna – zu sich nahm und ihr die gleichen Aufgaben übertrug. Aber kaum war die Alte fort, sagte sich Mada: „Wie soll ich wohl etwas aus einem einzigen Körnchen kochen?“ Sie nahm aber eine ganze Schüssel Erbsen, Hirse und Graupen und kochte alles in großen Töpfen, die alsbald barsten und zersprangen.
Hernach, als sie aß, schwänzelten der Hund und die Katze um sie herum, aber sie trieb beiden mit einem großen Holzlöffel davon und gab ihnen nichts. Den Kehricht schüttete sie in die Truhe, nahm aber stets einen Messstock, um recht viel Kehricht anzusammeln.

Nachdem ein Jahr vergangen war, sagte die Alte, daß sie der Hund und die Katze, wenn sie wolle, nach Hause fahren werden. Magda freute sich schon auf die erhofften Schätze, und als sie wählen sollte, welche Truhe sie mitnehmen wollte, nahm sie nicht die alte Truhe, in der sie den Kehricht geschüttet hatte, sondern wählte eine neue, hübsch bemalte Truhe. Als sie auf ihrem Heimweg nicht mehr weit vom Elternhaus entfernt war, riefen der Hund und die Katze:
„Vor ihr klirrt es, hinter ihr klirrt es. Magda bringt nur Schlechtes.“ Die Mutter, die ihr entgegengelaufen war, schlug auf das Gespann ein und sagte: „Ihr sollt nicht so rufen, sondern so: Vor ihr klirrt es, hinter ihr klirrt es. Magda bringt nur Gutes!“

Der Hund und die Katze kümmerten sich aber nicht darum, sondern wiederholten ihre Mitteilung. Eilends trug man die Truhe in die Stube, und nachdem sich das Gespann entfernt hatte, öffnete man erwartungsvoll die Truhe, doch sie enthielt lauter Reptilien, Frösche, Kröten und Schlangen, Blindschleichen, die rasch aus der Truhe schlüpften, den Vater, die Stiefmutter und Magda zu Tode bissen und dann irgendwohin verschwanden. Nur Kachna hatten sie nicht angerührt. Sie blieb zurück mit ihren Reichtümern, bekam einen guten Mann und lebte mit ihm glücklich viele, viele Jahre,

Quelle: Lompa, J., a.a. O., 1843 Slask Opolski

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