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Märchen von Bulat, dem braven Burschen

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Es war einmal ein Zar mit Namen Chodor. Dieser Zar hatte nur einen Sohn, Iwan Zarewitsch. Chodor übergab den Iwan Zarewitsch, als er ins Jünglingsalter trat, verschiedenen Lehrern, um ihn in verschiedenen ritterlichen Künsten unterrichten zu lassen. Als Iwan Zarewitsch erwachsen war, bat er seinen Vater, den Zaren Chodor, um die Erlaubnis, in andere Reiche zu reisen, Menschen zu sehen und sich sehen zu lassen. Zar Chodor entließ ihn und sagte, er sollte in andern Reichen seine Geschicklichkeit zeigen und dadurch sich und den Zaren Chodor berühmt machen.

Darauf ging Iwan Zarewitsch in die zarischen Ställe, um sich ein gutes Roß zu wählen; das, worauf er seine Hand legen könnte, ohne daß es vor ihm auf die Knie stürzte, würde brauchbar für ihn sein. Und so durchging er alle Pferdestände und fand kein Roß nach seinem Sinne, und er verließ den Stall in großer Betrübnis. Er nahm den straffen Bogen und trockne Pfeile, und ging in das freie Feld, seinen Kummer zu zerstreuen. Sobald er in das freie Feld kam, erblickte er in der Luft einen Schwan, spannte seinen straffen Bogen und schoß nach diesem Schwan, aber er traf ihn nicht, und sein Pfeil verschwand ihm vor den Augen. Da wurde Iwan Zarewitsch sehr traurig, daß er seinen Lieblingspfeil verloren. Er suchte ihn auf dem ganzen Felde mit Thränen, kam an einen kleinen Berg und hörte eine Menschenstimme, welche ihm zurief: »Komme hierher, Iwan Zarewitsch!« Iwan Zarewitsch wunderte sich nicht wenig, daß er eine Stimme hörte und Niemanden sah. Diese Stimme rufte abermals, und Iwan Zarewitsch ging der Stimme nach, und bemerkte in dem Berge ein kleines Fenster mit eisernen Gittern, und in dem Fenster sah er einen Menschen, der ihn mit der Hand zu sich winkte. Als Iwan Zarewitsch zu ihm kam, sagte jener Mensch: »Worüber grämst du dich, guter Jüngling, Iwan Zarewitsch?« »Wie sollte ich mich nicht grämen?« antwortete ihm Iwan Zarewitsch, »ich habe meinen Lieblingspfeil verloren, und kann ihn nirgends finden, und noch ist mein Kummer darüber groß, daß ich kein gutes Ritterroß für mich nach meinem Sinne finde.« – »O dieser Kummer ist nicht groß,« sagte jener Mensch zu ihm, »ich schaffe dir ein gutes Roß und gebe dir deinen trocknen Pfeil zurück, denn er ist zu mir hereingeflogen; aber was wirst du mir dafür geben?« – »Ich werde dir Alles geben, was du nur fordern wirst,« sagte Iwan Zarewitsch zu ihm, »wenn du mir nur ein gutes Roß verschaffst, und den trockenen Pfeil zurückgibst.« – »Ich will weiter nichts von dir,« sagte jener Mensch, »als daß du mich von hier befreiest.« – »Und wie und von wem bist du hier eingesperrt worden?« fragte ihn Iwan Zarewitsch. »Dein Vater hat mich hier festgesetzt. Ich war ein berühmter Räuber und heiße Bulat, der brave Bursche. Er wurde zornig auf mich, befahl, mich zu fangen, und setzte mich in dieses Gefängnis, und hier sitze ich nun schon drei und dreißig Jahre.« – »Höre, Bulat, braver Bursche,« sprach Iwan Zarewitsch, »ich kann dich ohne meines Vaters Befehl nicht heraus lassen, denn wenn er es erführe, würde er auf mich zürnen.« – »Fürchte das nicht,« antwortete ihm Bulat, der brave Bursche, »dein Vater wird davon nichts erfahren: sobald du mich herausgelassen hast, werde ich in andere Länder gehen und nicht hier leben.« – »Wolan!« sprach Iwan Zarewitsch, »ich werde dich frei lassen, gib mir nur meinen trockenen Pfeil zurück, und sage, wo ich ein Ritterroß bekommen kann.« – »Gehe ins freie Feld,« sagte Bulat, der brave Bursche, »dort wirst du drei grüne Eichen sehen, und zwischen diesen drei Eichen auf der Erde eine eiserne Thüre mit einem kupfernen Ringe entdecken: unter dieser Thüre ist ein Stall, in ihm steht ein gutes Ritterroß, welches mit zwölf eisernen Thüren und zwölf Stahlschlössern eingeschlossen ist: hebe diese Thüre auf, schlage die zwölf Schlösser herunter und öffne die zwölf Thüren, so wirst du ein gutes Roß bekommen; auf diesem Rosse komme zu mir, ich werde dir deinen trockenen Pfeil zurückgeben, und dann lasse mich heraus von hier.«

Als Iwan Zarewitsch diese Worte gehört hatte, ging er in das freie Feld, gewahrte drei grüne Eichen, und fand die eiserne Thüre mit dem kupfernen Ring. Er faßte diesen Ring, hob die Thüre auf, schlug die zwölf Schlösser ab, öffnete die zwölf Thüren, und trat in einen Stall, wo er ein gutes Roß und eine Ritterrüstung erblickte. Iwan Zarewitsch legte seine Hand auf dieses Roß, und das Roß fiel nicht von seiner Hand auf die Kniee, sondern beugte sich ein wenig. Und als das Roß einen Reiter für sich hörte, fing es an mit lauter Stimme zu wiehern, fiel auf die Knie vor Iwan Zarewitsch und ließ sich von ihm den Zügel anlegen und satteln. Iwan Zarewitsch nahm das gute Roß, den Streitkolben und das Schlachtschwert, führte das Roß aus dem Stalle, setzte sich auf den tscherkassischen Sattel, und nahm den seidenen Zügel in seine weiße Hand. Da bekam er Lust, sein gutes Roß zu versuchen. Er schlug es auf die Hüfte, und das gute Roß ergrimmte, trennte sich von der Erde, erhob sich über den stehenden Wald und unter die gehenden Wolken, ließ Berg und Thal zwischen seinen Füßen, bedeckte kleine Flüsse mit seinem Schweife, übersprang tiefe Flüsse und große Sümpfe, und so gelangte Iwan Zarewitsch zu Bulat, dem braven Burschen, und sprach zu ihm mit lauter Stimme: »Gib mir nun meinen trockenen Pfeil zurück, Bulat, braver Bursche, dann werde ich dich guten Burschen aus der Haft entlassen.« – Bulat der brave Bursche, gab ihm sogleich seinen trockenen Pfeil wieder, und Iwan Zarewitsch entließ ihn alsbald aus der Gefangenschaft. »Ich danke dir, Iwan Zarewitsch,« sagte Bulat, der brave Bursche, »daß du mich aus dem Gefängnisse befreit hast. Ich werde dir noch treue Dienste leisten, sobald du dich in Noth befindest, und wenn du mich brauchst, so sprich nur: »Ach, wo ist mein Bulat, der brave Bursche?« und ich werde sogleich vor dir erscheinen, und dir in der Noth ein treuer Diener sein.« Und als er diese Worte gesprochen, rief er mit lauter Stimme:

»Siwka Burka! he!
Frühlings-Lichtfuchs! steh!
wie das Blatt vor’m Grase, hier
unverweilt vor mir!«

Da erschien plözlich vor Bulat, dem braven Burschen, ein Roß, und Bulat, der brave Bursche, kroch ihm in ein Ohr, aß und trank, und kroch durch das andere wieder heraus, und er ward ein so schöner Jüngling, daß man es sich nicht vorstellen, nicht mit der Feder beschreiben, noch im Märchen sagen kann. Alsdann setzte sich Bulat auf sein Roß und sprach: »So lebe denn wohl für jezt, Iwan Zarewitsch!« Und er ritt von ihm fort.

Iwan Zarewitsch setzte sich auf sein gutes Roß und ritt zu seinem Vater. Als er zu ihm kam, sagte er ihm mit Thränen Lebewohl, nahm nach dem Abschied seinen Wärter mit sich, und ritt mit ihm in fremde Länder. Und so ritten sie einige Zeit mit einander und kamen in einen Wald, und es war ein schöner und heißer Tag, und Iwan Zarewitsch bekam Durst. Sie ritten in dem Walde herum und suchten Wasser, konnten aber keines finden. Endlich kamen sie an einen tiefen Brunnen, in welchem sich Quellwasser befand. Da sagte Iwan Zarewitsch zu seinem Wärter: »Steige in diesen Brunnen und hole mir Wasser: ich werde dich an einen Strick binden und dich halten, damit du nicht ertrinkest.« – »Nein, Iwan Zarewitsch,« sagte der Wärter, »ich bin etwas schwerer, als du, und du kannst mich nicht erhalten; besser wäre es, wenn du selber hinunter stiegest, denn ich kann dich erhalten.« Iwan Zarewitsch folgte seinem Wärter und ließ sich hinunter in den Brunnen. Und als Iwan Zarewitsch genug getrunken hatte, sagte er zu dem Wärter, er sollte ihn herausziehen aus dem Brunnen, aber der Wärter antwortete ihm: »Nein, ich werde dich nicht eher heraufziehen, bis du mir ein eigenhändiges Schreiben gibst, daß du mein Diener bist, und ich dein Herr, und daß ich Iwan Zarewitsch heiße. Hast du nicht Lust, darein zu willigen, so werde ich dich in dem Brunnen ersäufen.« – »Lieber Wärter,« rief ihm Iwan Zarewitsch zu, »ersäufe mich nicht, sondern ziehe mich heraus, ich werde dir ein eigenhändiges Schreiben geben, daß du mein Herr bist, und daß ich dein Diener bin.« – »Nein, ich traue dir nicht,« fuhr der Wärter fort, »wenn du mir nicht einen Schwur leistest.« – »Ich schwöre dir bei Gott, daß ich dir wirklich ein solches Schreiben geben werde.«

Darauf zog ihn der Wärter heraus, und Iwan Zarewitsch nahm ein Papier, fertigte einen Schein aus und gab ihn dem Wärter. Alsdann zog er seine Kleider aus, gab sie dem Wärter, zog die des Wärters an, und dann begaben sie sich auf den Weg. Nach einigen Tagen gelangten sie in das Reich Panthui’s. Als Zar Panthui von der Ankunft des Iwan Zarewitsch Nachricht erhielt, kam er ihm entgegen, empfing den Wärter anstatt des Iwan Zarewitsch, nahm ihn bei den weißen Händen, führte ihn in seine weißsteinernen Gemächer, setzte ihn an eichene Tische, und sie aßen und tranken und trieben Kurzweil. Da fing Zar Panthui an, den falschen Zarewitsch zu fragen, »Iwan Zarewitsch, warum bist du in mein Reich gekommen?« Da antwortete ihm der falsche Iwan Zarewitsch: »Gnädiger Herr, ich bin zu dir gekommen, um mich um deine Tochter, die schöne Zarewna Zeria, zu bewerben.« – »Mit großem Vergnügen gebe ich dir meine Tochter zur Gemahlin,« sprach Zar Panthui. Darauf sagte unter anderen Gesprächen der falsche Iwan Zarewitsch zum Zaren Panthui: »Laß meinen Diener in der Küche zu niedrigen Arbeiten brauchen, denn er hat mir auf der Reise großen Verdruß gemacht.« – Der Zar befahl sogleich, den Iwan Zarewitsch in der Küche zu niedrigen Arbeiten anzustellen, und sein Wärter belustigte sich mit dem Zaren.

Nach einigen Tagen rückte ein Heer an das Reich Panthui’s und wollte dasselbe verheeren, und den Zaren Pantui zum Gefangenen machen. Da rufte der Zar Panthui den falschen Iwan Zarewitsch zu sich, und sprach: »Mein lieber verlobter Schwiegersohn, es ist ein feindliches Heer an meine Gränzen gekommen; wenn du das Heer von meinem Reiche zurücktreibst, so will ich dir meine Tochter geben, aber ohne dies kann ich nicht.« – Er antwortete ihm darauf: »Sehr gut, ich werde dies thun, aber nur in der Nacht und nicht bei Tage, denn bei Tage habe ich kein Kriegsglück.«

Sobald die nacht erschien und sich im Schlosse alle schlafen gelegt hatten, ging der falsche Iwan Zarewitsch auf den breiten Hof, rufte den wahren Iwan Zarewitsch und sprach zu ihm: »Iwan Zarewitsch, zürne nicht, daß ich deine Stelle vertrete; vergiß Alles und leiste mir einen Dienst und vertreibe den Feind von diesem Reiche.« Iwan Zarewitsch antwortete ihm darauf: »Gehe und lege dich schlafen; es wird Alles besorgt werden.« – Da ging der Wärter und legte sich schlafen, und Iwan Zarewitsch rief mit seiner lauten Stimme: »Wo ist mein Bulat, der brave Bursche?« – Den Augenblick erschien Bulat, der brave Bursche, vor ihm, und fragte: »Welchen Dienst verlangst du, in welcher Noth bist du? Sage mir geschwind.« – Da sagte ihm Iwan Zarewitsch von seiner Noth. Und Bulat, der brave Bursche, befahl ihm sein Roß zu satteln und die Rüstung anzulegen; er selbst aber rief mit lauter Stimme:

»Siwka Burka! he!
Frühlings-Lichtfuchs! steh!
wie das Blatt vor’m Grase, hier
unverweilt vor mir!«

Das Roß lief, daß die Erde bebte, aus den Ohren ging Dampf, wie eine Säule, und aus den Nüstern sprühten Flammen hervor, und als es angelangt war, blieb es stehen. Bulat, der brave Bursche, setzte sich darauf, und Iwan Zarewitsch bestieg sein Roß, und so ritten sie fort vom breiten Hofe. Um diese Zeit schlief die Prinzeß Zeria noch nicht, sondern sie saß am Fenster und hatte Alles angehört, was Iwan Zarewitsch mit dem Wärter und Bulat, dem braven Burschen, gesprochen.

Sobald sie zum feindlichen Heere kamen, sagte Bulat zu Iwan Zarewitsch: »Fange du von der rechten Seite an, einzuhauen in das Heer; ich werde von der linken anfangen.« Und sie begannen diese große feindliche Macht mit den Schwertern nieder zu hauen und mit den Rossen zu zertreten, und in einer Stunde erlegten sie hundert tausend Mann. Der feindliche König floh mit dem kleinen Reste seiner Krieger in sein Reich, und Iwan Zarewitsch kehrte mit Bulat, dem braven Burschen, zurück, in das Schloß des Zaren Panthui, sattelte sein Roß ab, führte es in den Stall, und gab ihm weißen Weizen. Dann nahm er Abschied von Bulat, dem braven Burschen, ging in die Küche und legte sich schlafen.

Früh morgens ging der Zar Panthui in sein Erkerzimmer, und sah‘ in die Gegend, wo das feindliche Heer stand, und als er sah, daß es ganz niedergehauen war, ließ er den falschen Iwan Zarewitsch zu sich rufen, und als er kam, dankte ihm Zar Panthui für die Rettung des Reiches, er belohnte ihn alsdann mit einem reichen Geschenk und sagte ihm dabei, daß er ihm seine Tochter bald zur Frau geben werde.

Nach Verlauf von zwei Wochen zog derselbe Zar mit einem frischen Heere heran und belagerte die ganze Stadt. Zar Panthui entsetzte sich, rief wieder den falschen Iwan Zarewitsch zu sich und sagte: »Mein lieber Freund, Iwan Zarewitsch, rette mich von diesem Feinde, verjage sein Heer aus meinem Reiche; wenn du dieses ausführst, werde ich dir ohne weitern Aufschub meine Tochter geben.« – Darauf erhielt er zur Antwort: »Ich werde dies Alles vollziehen, nur in der Nacht, und nicht bei Tage, denn ich habe bei Tage kein Kriegsglück.« Sobald die Nacht eingetreten war, und sich alles zur Ruhe begeben hatte, ging der Wärter auf den breiten Hof, rief Iwan Zarewitsch zu sich, und sprach zu ihm folgende Worte: »Gedenke nicht des Bösen, das ich dir zugefügt habe; zürne mir nicht, daß ich deine Stelle vertrete: leiste mir einen Dienst und vertreibe das feindliche Heer aus diesem Reiche.« – Iwan Zarewitsch antwortete darauf: »Gehe und lege dich schlafen: Morgenstunde hat Gold im Munde. Alles wird gemacht werden.« – Da ging der Wärter und legte sich schlafen. Aber Iwan Zarewitsch rief mit seiner Ritterstimme: »Ach, wo ist mein Bulat, der brave Bursche?« – Den Augenblick erschien vor ihm Bulat, der brave Bursche, und sagte: »Welchen Dienst verlangst du? In welcher Noth bist du? Sage mir geschwinde.« – Da sagte ihm Iwan Zarewitsch von seiner Noth, und Bulat, der brave Bursche, befahl dem Iwan Zarewitsch, sein gutes Roß zu satteln, und die Rüstung anzulegen. Er selbst aber rief mit der Heldenstimme:

»Siwka Burka! he!
Frühlings-Lichtfuchs! steh!
wie das Blatt vor’m Grase, hier
unverweilt vor mir!«

Das Roß lief, daß die Erde bebte, aus den Ohren ging Dampf, wie eine Säule, und aus den Nüstern sprühten Flammen hervor, und als es angelangt war, blieb es stehen. Bulat, der brave Bursche, setzte sich darauf, und Iwan Zarewitsch setzte sich auf sein Roß, und so ritten sie fort vom breiten Hofe. Um diese Zeit schlief die Prinzeß Zeria noch nicht, und hatte Alles angehört, was Iwan Zarewitsch mit dem Wärter und Bulat, dem braven Burschen, gesprochen.

Sobald sie zum feindlichen Heere kamen, sagte Bulat, der brave Bursche, zu Iwan Zarewitsch: »Fange du vom rechten Flügel an, einzuhauen, ich werde vom linken anfangen.« Und sie überfielen das feindliche Heer, und sie fingen an, es mit den Schwertern niederzuhauen und mit den Rossen zu zertreten, und in zwei Stunden erlegten sie zwei Mal hundert tausend Mann. Und kaum entrann der feindliche König mit wenigen von seinen Kriegern in sein Reich. Iwan Zarewitsch kehrte mit Bulat, dem braven Burschen, zurück, sattelte sein Roß ab und führte es in den Stall. Alsdann nahm er Abschied von Bulat, ging in die Küche und legte sich schlafen.

Frühmorgens ging Zar Panthui wieder in sein Erkerzimmer und sah in die Gegend, wo das feindliche Heer stand, und als er sah, daß es ganz niedergehauen war, wunderte er sich über solche Tapferkeit des Iwan Zarewitsch und befahl, ihn zu ihm zu rufen, und als er kam, dankte ihm Zar Panthui für die Rettung seines Reiches, und beschenkte ihn mit kostbaren Gaben.

Nach drei Wochen rückte der feindliche König wieder an das Reich des Zaren Panthui, und Zar Panthui erschrak sehr, und rief zu sich seinen verlobten Schwiegersohn, und sagte zu ihm: »Mein lieber Freund, Iwan Zarewitsch, rette mich noch ein Mal von dem Feind, und verjage sein Heer von meinem Reiche, dann werde ich dir augenblicklich meine Tochter zur Gemahlin geben.« Darauf antwortete ihm der falsche Iwan Zarewitsch: »Ich werde Alles machen, sobald es Nacht wird.« Als die Nacht eingetreten war, und sich alle schlafen gelegt hatten, ging der Wärter auf den Hof, rief Iwan Zarewitsch zu sich, und sagte zu ihm: »Gedenke nicht des Bösen, was ich dir zugefügt habe, sondern leiste mir noch einen Dienst und verjage das feindliche Heer.« Darauf antwortete Iwan Zarewitsch: »Gehe und lege dich schlafen.« Dann rief er mit seiner Ritterstimme: »Ach! wo ist mein Bulat, der brave Bursche?« Den Augenblick erschien vor ihm Bulat, der brave Bursche, und sprach: »In welcher Noth bist du? Sage mir geschwinde.« Da sagte ihm Iwan Zarewitsch von seiner Noth, und Bulat, der brave Bursche, befahl ihm wieder sein Roß zu satteln, und rief das seinige eben so wie vorher. Sobald sie zum feindlichen Heere kamen, fingen sie an, dasselbe mit den Schwertern niederzuhauen und mit den Rossen zu zertreten, und erschlugen so viel Menschen, daß man sie nicht zählen kann, und tödteten den König selbst. Dann kehrten sie zurück, sattelten ihre Rosse ab und führten sie in den Stall. Darauf nahm von Iwan Zarewitsch Bulat, der brave Bursche, Abschied, und sagte: »Von nun an wirst du mich niemals wiedersehen.« Er setzte sich auf sein Roß und ritt fort, und Iwan Zarewitsch ging in die Küche und legte sich schlafen.

Frühmorgens ging der Zar wieder in sein Erkerzimmer und sah in die Gegend, wo das feindliche Heer stand, und als er sah, daß es ganz niedergehauen war, schickte er nach seinem verlobten Schwiegersohne und sprach zu ihm: »Nun gebe ich dir meine Tochter zur Gemahlin.« Dann fing man an, sich zur Hochzeit zu bereiten. Nach einigen Tagen heirathete der Wärter die schöne Prinzeß Zeria, und als sie aus der Kirche gekommen waren und bei Tische saßen, bat Iwan Zarewitsch den ältesten Koch, er sollte ihn entlassen, damit er sähe, wie sein Herr mit der Braut am Tische sitze. Der Koch entließ ihn, und gab ihm seine Kleider. Als Iwan Zarewitsch in die zarischen Gemächer kam, stellte er sich hinter andere Leute und betrachtete seinen Wärter und die schöne Prinzeß Zeria. Die Zarewna Zeria erblickte aber den Iwan Zarewitsch, erkannte ihn sogleich, sprang von dem Tische auf, nahm ihn bei der Hand, führte ihn vor und sprach: »Das ist mein wahrer Bräutigam und der Retter des Reiches, und nicht jener, der mit mir getraut wurde.« Da fragte der Zar Panthui seine Tochter, was das zu bedeuten habe, sie solle es ihm deutlicher erklären. Und als die Prinzeß Zeria ihm Alles genau erzählt hatte, da setzte man den Iwan Zarewitsch an den Tisch mit der Prinzeß Zeria, und sein Wärter wurde für so lügenhafte That am Thore erschossen. Iwan Zarewitsch heirathete die schöne Zarewna Zeria, und ging in sein Reich zu seinem Vater. Zar Chodor setzte ihm die Krone auf das Haupt, und Iwan Zarewitsch bestieg den Thron und herrschte über das Reich.

Anton Gotthelf Dietrich (Russische Volksmärchen)

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