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Vom Hexenmeister

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Eine arme Frau hatte einen Sohn. Eines Tages kaufte ein Zauberer ihr den Sohn ab und gab ihr ein Säckchen Geld dafür. Er nahm ihn zu sich nach Hause und sagte zu ihm: „Paß gut auf! Dieser Dachboden dort wird sich um Mitternacht öffnen. Wenn er sich geöffnet hat, dann steigst du auf diesen Boden. Dort liegt eine Menge Gold, und dort liegen auch viele Diamanten, aber von alldem darfst du nichts nehmen. An einem Balken hängt auch eine Lampe, wenn sich diese Lampe bewegt, nimm sie ab und bringe sie mir.“ Der Jüngling stieg auf den Dachboden und klaubte sich die allerschönsten Diamanten heraus. Währenddessen schloß sich der Dachboden. Der Jüngling sah sich erschrocken um, erblickte die am Balken hängende Lampe und bewegte sie.

Da öffnete sich der Dachboden wieder; kam irgendein anderer Zauberer und fragte ihn: „Was willst du, durchlauchtester Prinz?“ Der Jüngling sagte, er solle ihm einen Diamanten groß wie ein Kopf bringen. Der Zauberer brachte ihm das Gewünschte. Der Jüngling ging mit der Lampe und mit dem Diamanten zum Kaiser, denn dieser hatte eine wunderschöne Tochter, die der Jüngling gern heiraten wollte. Und der Kaiser sagte zu ihm: „Wenn du mir etwas Wertvolles zu geben vermagst, dann kannst du sie heiraten.“ „Und was möchte der Kaiser haben?“ Der Kaiser wünschte sich den kopfgroßen Diamanten und außerdem für die Fahrt zur Kirche eine goldene Karosse und Rappen mit weißem oberem Zaumzeug, das beidseitig mit goldenen Nägeln beschlagen sein sollte. Der Jüngling ging, bewegte seine Lampe, und schon kam der Zauberer.
„Was möchtest du, erlauchtetester Prinz?“

Der Jüngling befahl ihm, alles zu bringen, was sich der Kaiser gewünscht hatte. Der Zauberer gab ihm alles. Als der Kaiser mit seinem Gefolge vom Gebet zurückkam, wollte er ihm seine Tochter trotzdem nicht zur Frau geben. Da sagte der Jüngling: „Dann gib mir den großen Diamanten zurück, den ich dir gab!“ Aber den Diamanten wollte der Kaiser gern behalten; so sagte er, er wolle ihm seine Tochter nur zur Frau geben, wenn dieser ihm bis zum Hochzeitstag eine Straße baue, die mit Silber, Gold und Diamanten gepflastert sei. Außerdem sollen zu beiden Seiten der Straße Bäume wachsen, und jeder Baum sollte anders vergoldet sein und in jedem Baum ein anderer Vogel singen. Der Jüngling bewegte wieder die Lampe, und schon erschien der Zauberer und ließ das Gewünschte entstehen.

Als sie tags darauf zur Trauung fahren sollte, schickte er einen Boten zum Kaiser, um ihn zu fragen, was er für Karossen und Pferde er wünsche. Der Kaiser ließ ihm sagen, daß es eine diamantene sein solle, dazu Grauschimmel mit schwarzer Passe über der Brust und mit weißen Schwänzen. Der Jüngling bewegte die Lampe, da erschien auch schon der Zauberer und gab ihm sofort das Verlangte. Nach der Trauung fuhr der Jüngling spazieren. Unterdessen kam zu seiner jungen Frau der erste Zauberer, der nämlich, der den Jüngling seiner Mutter abgekauft hatte, und nahm ihr die Lampe fort. Er bewegte die Lampe, und da erschien noch ein anderer Schwarzkünstler. diesen wurden nun befohlen, den kleinen Palast des Jünglings mitsamt seiner Frau hinter das Rote Meer zu versetzen.

Als der junge Mann von seiner Spazierfahrt zurückkehrte, war alles verschwunden. Da verkaufte er Pferde und Karossen und schritt weinend die Landstraße entlang. Unterwegs traf er einen Greis, dem er einen Groschen zusteckte. „Weshalb weinst du?“ fragte ihn der Greis.
Und so erzählte ihm der Jüngling, seine ganze Geschichte. Da gab ihm der Greis den Groschen zurück und riet ihm, ans Rote Meer zu reisen. Dort am Ufer würde eine Eiche stehen, in dieser befände sich Schilfrohr; dieses Schilfrohr sollte er nehmen und damit über das Meer ein Kreuzzeichen schlagen. Er tat, wie ihm der Greis geraten hatte, und sofort trat das Wasser zurück, und ein Weg lag vor ihm.

Der Jüngling lehnte das Schilfrohr wieder an die Eiche und schritt auf diesem Weg über das Rote Meer, aber hinter ihm stürzten die Wasser wieder zusammen. Am Ende des Pfades, am anderen Ufer, stand sein Palast, er erkannte seine Frau, und seine Frau erkannte auch ihn.
Zu dieser Zeit war der Zauberer gerade im Walde. Als aber die Zeit heranrückte, daß er zurückkommen sollte, schloß die Frau ihren Mann in einen Kleiderschrank ein. Da erschien der Zauberer schnipperte mehrfach und sagte, daß es streng nach einer Seele rieche. Doch sie antwortete: „Mann, das kommt dir nur so vor, hier riecht nichts, die Gerüche kommen aus dem Walde.“

Aber er spuckte aus und sagte, daß es doch streng nach einer Seele stinke. Sie setzte sich hin, indessen hieß er sie zu lausen, und er schlief dabei ein. Sobald er fest eingeschlafen war, reichte sie ihrem Gatten ein Schwert. Dieser öffnete den Schrank, einen Spalt; im Schrank stand jene Lampe, und diese nahm er unverzüglich an sich. Dann bewegte er die Lampe, und wie von tausend Nadeln gestochen, sprang der Zauberer mit beiden Beinen zugleich auf und fragte: „Was willst du, durchlauchter Prinz?“ Der Prinz befahl ihm, seinen Palast wieder dorthin zu bringen, wo er zuvor gestanden hatte. Der Zauberer rief die Hexenmeister aus der ganzen Welt zusammen, und sie alle brachten gemeinsam den Palast an die alte Stelle zurück. Der Zauberer verschwand mit allen den anderen Schwarzkünstlern; von da an lebten der junge Mann und seine Frau glücklich miteinander.

Quelle: Saloni, A. Lud wiejski w okolicy Przeworska – Märchen aus Polen

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