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Veltînteleptu (Der Weltweise)

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Es war einmal ein alter Mann, dem war seine Frau gestorben. Jetzt, da seine Frau gestorben, war es ihm sehr einsam allein, und er wußte nicht, was er machen sollte, darum ging er zu den Verwandten. Viele sagten, er solle wieder heiraten, viele sagten, er solle nicht mehr heiraten, er wäre zu alt. Andere sagten, er solle zum Veltînteleptu gehen, der würde ihm raten, was besser wäre. Er machte sich auf den Weg und ging zu den Eltern des Veltînteleptu, er selbst war nicht zu Hause. »Geh nur auf die Gasse, du wirst ihn finden mit den Kindern spielen.« Der Alte ging, fand und fragte ihn. Veltînteleptu antwortete mit diesen Worten: »Die Gebirge sind weiß geworden, die Äpfel weich, zu zwei Füßen braucht es noch einen, damit drei sind.« Kaum hatte er diese Worte ausgeredet, setzte er sich auf einen Stock, rief »ju« (Ausdruck für das Anspornen der Pferde) und galoppierte fort, die Kinder alle hinter ihm. Der Alte befand sich allein, er hatte den Teufel verstanden (nichts). Er kehrte geärgert zu den Eltern des kindischen und spöttischen Weisen zurück.
»Was hat dir unser Sohn gesagt?« fragten stolz die Eltern. »Was sollt‘ er mir gesagt haben, er sagte einige kindische Worte.« – »Aber doch, sag uns, was sprach er?« – »Die Berge sind weiß geworden, die Äpfel sind zergangen, zu zwei Füßen braucht es noch einen, daß es drei sind.« – »Ach, nicht einmal soviel verstehst du? Die Berge sind gebleicht, ist so zu verstehen: Deine Haare sind gebleicht, weiß geworden. Die Äpfel sind deine Zähne. Du hast keine Zähne mehr. Der dritte Fuß ist der Stock, bald mußt du ihn zu Hilfe nehmen, wenn du in die Kirche gehst; wenn du dir alle diese Worte ins Gedächtnis zurückrufst, mußt du wissen, daß du zu alt zum Heiraten bist.« Der Alte ging nach Hause und heiratete nicht mehr. Aber diese Geschichte vom Veltînteleptu verbreitete sich in alle Welt und kam bis zum Kaiser, dieser verwunderte sich über diesen Menschen und rief: »Veltînteleptu.« – »Ich höre.« – »Was macht Gott im Himmel?« – »Auf einer Leiter steigt er hinauf, auf der andern läßt er sich wieder herunter.« – »Wie kommt das?« – »Die Reichen werden arm, die Armen reich.« Am andern Morgen fragte er wieder: »Veltînteleptu.« – »Ich höre.« – »Was macht Gott im Himmel?« – »Einen Wagen ladet er auf, den andern ladet er ab.« »Wie kommt das?« – »Er nimmt von den Reichen und gibt es den Armen.« Am nächsten Morgen fragt er wieder: »Veltînteleptu.« – »Ich höre.« – »Was macht Gott im Himmel?« – »Er sieht auf den Kaiser, wie er die armen Kinder (Waisenkinder) auszankt.«

Iuon Vuga, Rucar
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

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