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Märchenbasar

Der Geizkragen

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Seit vielen Jahren schon trieb es Bauer Heinrich mit dem krankhaften Geiz wirklich arg. Eines Tages hatten seine drei stattlichen Söhne die gnadenlose Schinderei satt und verließen heimlich bei Nacht den väterlichen Hof.
Heinrichs Geiz ließ weder Mägde noch Knechte zu. Sowohl die Felder als auch das Vieh bewirtschaftete er von nun an mit seiner Frau alleine. Die Ärmste wurde dadurch ganz krumm und grau. Darauf nahm der Geizige keine Rücksicht, im Gegenteil, sie musste noch mehr als sonst schuften. Zum Dank dafür hängte der Bauer ihr den Brotkorb höher. Das Tiervölkchen hatte weit schlimmer unter der Grausamkeit zu leiden. Es musste nicht nur hungern, nein, es wurde geschlagen, getreten und böse beschimpft.

Wieder einmal ging Hanna, die Bauersfrau, nach einem langen schweren Tag mit leerem Magen zu Bett. Schlimme Rückenschmerzen plagten sie, in den Beinen zwickte es und stark schwindelig war ihr obendrein. Trotz alledem verlangte der Unmensch, am nächsten Morgen, dass sie ihre Arbeit mache. Aber selbst unter größter Anstrengung konnte die Frau ihr Lager nicht verlassen. Der Gatte tobte, behauptete gar sie stelle sich nur krank und sei zu faul zur Pflichterfüllung. Alles Schimpfen nutzte nichts, der Wüterich musste wohl oder übel den Doktor kommen lassen. Entsetzt schlug der die Hände über dem Kopf zusammen bei dem erbärmlichen Zustand der Kranken. Nun hatte der Knauser erst recht das Nachsehen, denn Hanna sollte auf Anordnung des Arztes vier Wochen lang strenge Bettruhe halten.
Mindestens dreimal täglich polterte Heinrich in die Krankenstube, um ungeduldig nachzufragen, ob es der Bäuerin nicht bald besser gehe. Natürlich trat langsam Genesung ein, aber das verschwieg sie ihrem Manne. Frau Hanna wollte es ihren braven Jungs gleich tun.

Eines Morgens ging der Mann das Feld pflügen. Geschwind schnürte die Ehefrau ihr Bündel und verließ den heimischen Herd.
Der Bauer schäumte vor Wut, schrie herum, dass sich die Balken bogen und zerschlug die halbe Wirtschaft. Soviel Tagwerk konnte er keinesfalls schaffen. Kümmerte sich nur noch schlecht oder gar nicht um das Viehzeug. Die Äcker litten ebenso unter der halbherzigen Bearbeitung. Von Tag zu Tag wurde der Hofherr immer gleichgültiger. Bald ließ er Arbeit, Arbeit sein, schlief bis weit in den Mittag, rannte in das nächste Wirtshaus und kehrte erst zur Nachtstunde heim.

Obwohl die Tiere zur Schadenfreude allen Grund hatten, empfand Lisa, eine Milchkuh, Mitleid. Sie rief die Vierbeiner zur Versammlung in den Stall. ,,Ich weiß, ich weiß, der Herr hat unsere Hilfe nicht verdient, sprach sie, jedoch könnte ihm der Verlust seiner Leute die Augen und das Herz öffnen, wenn wir das Unsere dazutun.“ Hitzige Diskussionen entbrannten unter den Anwesenden. Schließlich bekam die Kuh eine mehrheitliche Zustimmung.

Seinen Rausch endlich ausgeschlafen, verspürte der Suffkopf Appetit auf Rühreier mit Speck. Kein Wunder, die Sonne zeigte bereits Nachmittag an. Auf dem Weg zum Hühnerstall fand er die Katze krähend beim Mist. Vor der Hundehütte lag das bellende Pferd. Im Kuhstall stand der Hofhund auf Lisas Platz, im Hühnerhaus hockte gar die Milchkuh auf der Stange und gackerte aus Leibeskräften. ,,Sapperlot noch mal, ich sehe schon Gespenster, „brabbelte der Bauer, schnappte sich sechs Eier und stolperte zurück ins Haus. Gerade schlug er sein Essen in die Pfanne, als auf der Ofenbank das zusammengerollte Schwein laut miaute. ,,Ui, ui, ui, ich gehe besser wieder schlafen,“ murmelte er total verwirrt. Aber leider war das auch nicht möglich, denn in seinem Bett hatte es sich der stinkende Ziegenbock gemütlich gemacht. Ratlos kauerte sich der Geizknochen in die Ecke und grübelte und grübelte. Ihm rauchte das Hirn mächtig von der Denkerei, bis er ermattet einschlummerte. In einem lebhaften Traum erschien seine Frau:
,,Siehst du mein Lieber, so geht es einem wie dir. Komme zur Besinnung, vielleicht … ?“

Heftige Gewissensbisse rissen Heinrich in die Wirklichkeit. Auf der Stelle spannte er das Pferd vor den Wagen, fuhr in die Stadt zur Gattin und den Söhnen. Sie redeten lange miteinander. Beschämt leistete ihnen der Vater Abbitte und versprach, sich ganz bestimmt zu ändern. Weib und Kinder ließen es auf einen Versuch ankommen, kehrten heim und die tägliche Mühsal wurde wieder gemeinsam bewältigt.

Reuevoll bemühte sich das Ekel ein besserer Mensch zu werden. Sogar den krankhaften Geiz besiegte er. Nie wieder hat der Bauer den Seinen ein Leid zugefügt. Fortan herrschte auf dem Hofe Glück und Zufriedenheit.

  Quelle: Ulla Magonz 1993

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