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Der goldhaarige Gärtnersbursche

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Wie der goldene Ritter zur Schlacht kam, ritt ihm der spanische König mit seinen beiden Eidamen entgegen; auf der einen Seite war der „Wenn ich dem erlauchten Königssohn nicht zu nahe trete,“ begann der spanische König seine Rede, denn aus seinem schmucken Aussehen, aus seinem stattlichen Wuchs schloss er, dass es kein anderer als ein Königssohn sein könne, „sagt an, kommt Ihr uns zum Heil oder zum Unheil?“
„Ich komme weder dir zum Heil, noch dir zum Unheil; ich kämpfe nur für die Wahrheit,“ entgegnete der goldene Ritter.
Jetzt stiessen die beiden Heere zusammen, massen ihre Kräfte, und gar bald war’s fast aus mit dem Volke des spanischen Königs. Aber gerade jetzt liess der goldene Ritter die Goldtrompete blasen, und los auf das Volk des Preussenkönigs! Wie Rüben so zerschnitzelte er den Feind. Den alten König selbst hieb er inmitten des Feindes heraus, erlöste ihn vom sicheren Tode, dann los auf den Preussenkönig, forderte ihn auf, die Klingen zu messen. Alle liessen vom Kampf ab, alle schauten nur auf den goldenen Ritter und den Preussenkönig. Sie gerieten aneinander, sie stiessen zusammen; aber der Preussenkönig zog doch den kürzeren; denn der goldene Ritter spaltete ihm das Haupt. Wie der Preussenkönig fiel, wurde sein Volk zum Hasen und begann zu laufen; die goldenen Husaren ihnen nach, und sie zerstückelten alle, nur einer blieb übrig als Bote.
Als die Schlacht zu Ende war, bedankte sich der alte König mit vielen Komplimenten und Beteuerungen bei dem goldenen Ritter für die ihm erwiesene Güte. Doch der goldene Ritter kam zu Schaden; denn wie das so kam, als er sein Schwert in die Scheide stecken wollte, stach er sich in seinen Schenkel, und gleich sprudelte sein schönes, rotes Blut hervor. Der alte König eilte zu ihm, nahm sein eigenes, goldbefranztes Halstuch ab und verband damit die Wunde. Dann schieden sie unter grossen Danksagungen und Komplimenten. Der eine ging rechts, der andere links, und alle langten glücklich zu Hause an, der spanische König in seiner Residenz, der goldene Ritter aber, nämlich unserer mit der Sockenmütze, ging erst zum Lindenschloss; dort liess er sein gutes Tatoschpferd mit den goldenen Rittern, und erst dann schlenderte er heimwärts. Er war dann wieder unser Gärtnersbursche mit der Sockenmütze, mit so schmutzigen Wangen wie der, der drei Wochen Trauben gelesen hat, nur mit dem kleinen Unterschied, dass er auf dem rechten Fuss hinkte; die Wunde durch den Schwertstich schmerzte ihn. Und zwar schmerzte sie, nicht nur so so, sondern so tüchtig, dass sie den grossen, starken Helden umwarf. Seine Frau erschrak, was ihm sei, was ihm fehle, und fragte ihn:
„Was fehlt dir, mein schönes Herzlieb?“
„Ach, frag nicht, meine Frau, meine Maiblume; ich bin im Wald gewesen, bin gestolpert und habe den Fuss an einem Stamm gestossen.“
„Zeige ihn her, meines Herzens Goldblume!“
„Ich zeige ihn nicht, mein sanftes Veilchen, meine liebe Frau. Wozu sollst du’s anschauen? Es wird schon heilen.“
Aber die junge Frau gab sich nicht zufrieden und quälte so lange ihren Mann, redete ihm so lange zu, dass sie ihn dazu zwang. Da sah sie, dass ein Schwertstich an seinem Schenkel war, der mit ihres Herrn Vaters goldbefranztem, schwarzem Seidenhalstuch verbunden war; zur grösseren Beglaubigung war noch des Königs Name und Wappen mit Gold darauf gestickt. Sie sagte garnichts zu ihrem Gemahl, sondern nahm des Königs Halstuch von dem Schwertstich ab und verband die Wunde ihres Gemahls mit Tausendgüldenkraut, das sie am Bache gepflückt hatte. Des Königs Halstuch nahm sie mit sich und ging geradewegs vor ihres Vaters Angesicht. Sie lief zur ersten Tür, pochte an und ward nicht eingelassen; denn dort stand ein Soldat mit einem Bajonett, dem war unbarmherzig anbefohlen, dass wenn so und so eine Person (seine Tochter nannte er sie auch nicht mehr) sich des Königs Antlitz nähern wolle, so solle er sie nicht einlassen bei Verlust seines Kopfes. Sie lief zur zweiten Tür; auch dort wurde sie nicht eingelassen. Sie lief zur dritten; auch dort wurde sie nicht eingelassen, obgleich sie den hartherzigen Soldaten so bat, dass sie ihr Herz fast auf den Handteller legte.
Da hörte ihre liebe Mutter, dass vor der Tür ihre liebste, schönste Tochter weinte und wimmerte; das drückte ihr das Herz ab, sie ging hinaus zu ihr und fragte sie, was sie wünsche. Sie wagte nicht, sie hineinzuführen, denn sie fürchtete sich vor ihrem Mann, dem alten König; aber es war doch ihre Tochter, ihre süsse Tochter, Blut von ihrem Blut, Fleisch von ihrem Fleisch, Bein von ihrem Bein, ihre leibliche, süsse Tochter.
Die jüngste Königstochter erzählte ihrer Mutter, warum sie gekommen, dass auf ihres Mannes Schenkel eine Wunde sei, die aber sei mit ihres leiblichen Vaters goldbefranztem, schwarzem Seidentuch verbunden. „Wenn meine liebe Mutter es nicht glaubt: seht, hier ist es in meinem Busen!“ – damit zog sie das goldbefranzte Halstuch aus dem Busen.
Auf das laute Weinen und Wimmern hin war auch der alte König herausgekommen, und da sah er sein eigenes, goldbefranztes, schwarzes, seidenes Tuch, das er dem goldenen Ritter gegeben, in der Hand seiner Tochter.
Er fragte sie, woher sie es genommen habe?
„Wo ich es hernahm? Mein erlauchter, königlicher Vater, was hülfe das Leugnen! Mein Mann fing heute Morgen zu jammern an; ich fragte ihn, was ihm fehle, aber er wollte nicht mit der Sprache heraus, bis ich mit Gewalt nachschaute, und da, mein Gott, was sehe ich da! Auf seinem Schenkel ist ein Schwertstich, der ist mit meines erlauchten Herrn Vaters eigenem Halstuch verbunden.“
Der alte König wartete gar nicht das Ende von seiner Tochter Erzählung ab; er liess sie dort stehen, wie St. Paul die Wallachen und stürzte Hals über Kopf in den Garten, geradewegs auf die Hütte zu. Er stiess die Tür ein, und wen sah er da verwundet liegen? Niemand anderes als den Befreier seines Reiches, den Erretter seines Lebens, den Gemahl seiner eigenen, liebsten, schönsten Tochter, seinen viellieben Eidam. Der alte König erkannte in ihm gleich den goldenen Ritter, den Führer des Goldregiments. Er neigte sich zu ihm nieder, hob ihn auf, nahm ihn in seine Arme, trug ihn in sein schönstes Zimmer und pflegte sein Tag und Nacht, bis er ganz gesund war. Dann wurde der mit der Sockenmütze sein liebster Eidam, seines Reiches Erbe, nach seinem Tode aber König. Seine beiden anderen Eidame hingegen verstiess er, jagte er von dannen und verbannte sie aus seinem Reiche, weil sie sich einen Galgenstempel hatten auf den Rücken brennen lassen.
Als es dem mit der Sockenmütze wieder ganz gut ging und ihm nichts mehr fehlte, wurde Priester, Henker und Eisenhut gerufen; der Priester gab sie zusammen, der Henker stäupte sie, der Donner schlug neben ihnen ein, aber er traf sie nicht. Sie machten einen Hochzeitsschmaus, schlachteten eine Kuh, bohrten ein Fass an, holten Talg, läuteten mit einer Holzglocke, bimmelten mit einem Kürbis.
Nach des alten Königs Tode aber wurde Hans König. Da er ein gerechter Mann war, freute er sich nicht am Gute anderer; seine beiden Schwäger nahm er daher in Gnaden auf; er gab ihnen jedem ein Slovakenherzogtum.
Zu Ende war’s; ein Märchen war’s; vielleicht war’s auch nicht wahr.

Quelle:
(Elisabet Sklarek, Ungarische Volksmärchen, Leipzig 1901)

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