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Der Schäfer und der Räuber

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Ein Schäfer saß am Fenster seiner Hütte, schaute hinaus und trank seinen Morgentee. Über ihm an der Wand hing ein herrlich geschnitzter Hirtenstab, mit dem er nicht nur lange Wanderungen unternehmen konnte.
Auf einmal sah der Hirte, wie der Räuber Schnapp-ich-mir aus seinem Stall ein Schaf an einem Strick herauszerrte. Sofort lief er zur Tür und drohte dem Dieb. Doch dieser tat so, als ob er ihn gar nicht wahrnahm und zog das Tier weiter. Als der Schäfer einsah, dass er mit Worten in dem Falle nichts ausrichten konnte, drehte er sich um und sprach zum Hirtenstab an der Wand: „Hüte und behüte, was unser ist!“
Sofort schwebte der Zauberstab von der Wand und tanzte durch die Tür in Richtung des Diebes. Als er ihn erreicht hatte, zog er dem Räuber kräftig eins über die Hände. Völlig verblüfft und vor Schmerzen aufschreiend ließ er augenblicklich den Strick fallen. Einen weiteren Schlag versetzte er dem Tunichtgut gegen die Schienbeine, sodass er auf die Nase fiel und noch lauter jammerte. Nun versohlte der Zauberstab Schnapp-ich-mir den Hintern. Der Langfinger wimmerte und schrie. Blaue Flecke zierten alsbald seinen gesamten Körper und das rechte Auge.
Als der Hirt seinem Zauberstab Einhalt gebot, rappelte sich der Dieb auf und hinkte davon. Noch einmal drehte er sich um und drohte mit der Faust. Doch der Hirte lachte und wedelte mit dem Stab in der Hand, worauf Schnapp-ich-mir davonstob, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre.
Der Schäfer aber ging zum Schaf, erlöste es vom Strick und führte das verschreckte Tier gemächlich in den Stall. Der Zauberstab indessen schwebte zurück an seinen Platz über die Tür in der Hütte.

Schnapp-ich-mir ging es viele, viele Tage sehr schlecht. Er konnte vor Schmerzen nicht auf dem Hintern sitzen, kaum einen Becher halten und sein Kopf summte, als würde ein ganzer Hornissenschwarm darin wohnen. Seither machte er einen großen Bogen um die Schäferei. So war er in seinem ganzen Leben noch nicht verprügelt worden.

 
 
Quelle: Friedrich Buchmann

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