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Märchenbasar

Die Äffin

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Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne, war aber schon alt und sagte daher zu ihnen: »meine Kinder, ich bin nun alt geworden, und wünschte also, daß ihr euch verheiratet, damit ich noch eure Hochzeit mitmachen kann; es soll daher jeder von euch seinen Bogen in die Luft schießen und die Richtung einschlagen, wohin der Pfeil fliegt, denn auf dieser findet ein jeder, was ihm bestimmt ist.« Zuerst schoß also der Älteste, und sein Pfeil führte ihn zu einer Königstochter, und die nahm er zur Frau. Darauf schoß der zweite und kam zu einer Fürstentochter, und die nahm er zur Frau; und zuletzt schoß der Jüngste, sein Pfeil blieb aber in einem Misthaufen stecken. Da grub er ein Loch in denselben, um zu sehen, was darin wäre, und fand eine Marmorplatte. Die hob er auf, erblickte darunter eine Höhle mit einer Treppe, und er faßte sich ein Herz und stieg hinunter. Darauf kam er zu einem Gewölbe, in dem eine Menge Affen im Kreise herum saßen, und ihre Mutter kam auf ihn zu und fragte ihn: »wie kamst du hierher, mein Sohn?« Dieser aber sprach: »ich habe meinen Pfeil abgeschossen, um zu sehen, was mir bestimmt ist, und der ist hier haften geblieben; ich werde also eine Äffin zur Frau bekommen.« Als das die Alte hörte, sagte sie: »wenn es so ist, so komme und wähle dir eine aus, hier sitzen meine Mägde und dort meine Töchter.« Er suchte sich also eine davon aus und brachte sie zu seinem Vater; als aber seine Brüder hörten, daß er eine Äffin zur Frau genommen, da hatten sie ihn zum besten.
Nach einiger Zeit sprach der älteste Sohn zum König: »du mußt nun jedem sein Teil bestimmen; denn du bist nun alt geworden und kannst sterben.« Da versetzte der König: »ich werde euch drei Aufgaben stellen, und wer sie am besten löst, der soll König sein.« Als das seine Söhne zufrieden waren, sagte er: »die erste Wette soll der gewonnen haben, dessen Haus am reinlichsten und schönsten verziert ist, und dazu sollt ihr vierzig Tage Zeit haben.« Der Jüngste aber war traurig, weil er eine Äffin zur Frau hatte, denn was konnte diese verstehn? Da fragte ihn die Äffin: »warum bist du so traurig?« und als er ihr den Grund gesagt hatte, sprach sie: »hole mir fünf Okka Kalk und sei guten Muts.« Am Morgen vor dem Ende der Frist sagte die Äffin zu ihrem Manne: »mach‘ dich auf und gehe zu meiner Mutter, und verlange von ihr eine Haselnuß und eine Mandel«, und dieser tat, wie ihm geheißen, und brachte die beiden Nüsse seiner Frau. Als nun die Zeit kam, wo der König und der Rat der Zwölfe die Häuser in Einsicht nehmen sollten, da gingen sie zuerst in das Haus des Ältesten, dann in das des zweiten, und während sie dessen Haus betrachteten, kam der Jüngste zur Äffin gelaufen und sagte zu ihr: »nun mach schnell, denn nun kommen sie.« Doch bis sie kamen, hatte die Äffin schon die Haselnuß aufgeknackt und daraus einen Schmuck für das Haus hervorgezogen, der aus lauter Diamanten bestand, und dann knackte sie die Mandel auf und zog einen Teppich hervor, auf den der König treten sollte. Wie nun der König ankam, da fand er den Teppich so schön, daß er seine Schuhe auszog, um darauf zu treten. Die Frau aber begrüßte ihn, so gut sie es als Äffin verstand. Darüber waren aber alle einverstanden, daß der Jüngste die Wette gewonnen habe.
Da sagte der König: »es soll nun noch eine Wette angestellt werden, und die soll der gewinnen, welcher mir mitten im Winter frische Früchte bringen kann.« Da bemühten sich die beiden ältesten vergeblich solche zu finden; der Jüngste aber erzählte die neue Wette seiner Frau, und sie sagte: »sei guten Muts, solcher Früchte ist unser Garten voll«; und am Tage der Wette schickte sie ihn zu ihrer Mutter mit dem Auftrage, ihr die schönsten Früchte in einem silbernen Korbe zu schicken. Diesen Fruchtkorb trug der Jüngste dann zur Wette auf das Schloß, und da war im Rate der Zwölfe nur eine Stimme, daß er auch diese Wette gewonnen habe.
Nun wurde noch eine dritte Wette festgestellt, die der gewinnen sollte, dessen Frau an einem Feste für die schönste erklärt würde, das in zehn Tagen besonders dazu gehalten werden solle. Wie nun der Festtag herankam, schickte die Äffin ihren Mann zu ihrer Mutter, damit er von ihr eine Haselnuß und eine Mandel, zwei Hengste und fünf Diener verlange; und als er alles der Äffin gebracht hatte, knackte sie die Mandel auf und zog daraus ein Kleid für sich hervor, auf dem der Himmel mit seinen Sternen zu sehen war, dann knackte sie die Haselnuß auf und zog aus ihr den Anzug für ihren Mann und ihre eigene Schönheit hervor, und nachdem sie sich angezogen hatten, ritten sie zum Feste und sprengten rasch durch die Höfe, damit sie Niemand erkennen könne, und sie unerkannt wieder wegreiten könnten. Der König aber erriet ihre Absicht und ließ die Türe schließen, so daß sie nicht hinaus könnten und sich zu erkennen geben mußten; und somit hatte der Jüngste auch die dritte Wette gewonnen und bestieg nach dem Tode seines Vaters den Thron.

[Griechenland: Johann Georg von Hahn: Griechische und Albanesische Märchen]

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