Es waren einmal zwei Könige, der rote und der grüne König, die waren Nachbarn und bauten sich jeder ein Haus. Beide Häuser sahen ganz gleich aus, beide stolz und schön, es fehlte ihnen nichts, weder von außen noch von innen, nur die Sonnenstrahlen. Ein König sprach zum andern: »Wer sollte doch die Sonnenstrahlen haben, auf welche Art können wir die wohl erhalten?« Nur einmal kam der Knecht des roten Königs hinein, er hieß Piparus Par Frumos (Pfefferkörnchen Schönhaar) und sagte: Er wisse, wo die Sonnenstrahlen wären und bringe sie. Die Sina [Fee] Dobrosina versorge sie. Der König gab ihm ein gutes Pferd, und er ritt fort. Nun ritt er und ritt, bis er in einen Wald zu einem Wirtshaus kam. Dort blieb er über Nacht. Als er am Morgen weiterreiten wollte, gab ihm die Wirtin einen Striegel, er würde ihn brauchen. Er ritt immer weiter den ganzen Tag und fand abends in einem Hause an der Straße Nachtherberge. Als er am Morgen aufbrach, gab ihm die Wirtin einen Wetzstein, er würde ihn brauchen. Dann ritt er weiter und kam an das Haus der Sina Dobrosina mit den Sonnenstrahlen. Sie hatte auch drei Töchter. Der Piparus verwandelte sich in ein schönes Kätzchen und sprang durch den Rauchfang auf den Schoß der ältesten Tochter. Als diese sah, wie schön die Katze war, rief sie: »Schau, Mutter, was für ein schönes Kätzchen«, da sagte die Alte: »Schön, wirklich, aber die frißt dir den Kopf.« Nur einmal fiel das Mädchen tot nieder. Die Katze lief hinaus und sprang durch den Rauchfang auf den Schoß der zweiten Tochter. »Schau, Mutter, welch‘ ein schönes Kätzchen habe ich auf dem Schoß.« – »Schön wirklich, das frißt dir aber den Kopf.« Kaum hatte sie ausgeredet, sank auch dieses Mädchen nieder und war tot. Die Katze lief hinaus, sprang wieder in den Schornstein und fiel auf den Schoß der dritten. »Schau, Mutter, was für ein schönes Kätzchen ich habe.« – »Schön wirklich, es frißt dir aber den Kopf.« – »Aber wie kann es mir den Kopf fressen, es ist so schön.« Da fiel sie nieder und war auch tot. Als die Mutter alle ihre drei Töchter da liegen sah, wurde sie ohnmächtig. In dem Augenblick nahm der Piparus die Sonnenstrahlen und ritt schnell fort.
Aber die Sina Dobrosina hatte auch Kraft. Als sie wieder zu sich kam und sah, daß die Sonnenstrahlen fort waren, nahm sie sich hinter dem Räuber. Als der sah, daß sie nahe war, warf er den Striegel hinter sich, und gleich wurde zwischen ihm und ihr ein dichter Wald, daß niemand durchdringen konnte. Jetzt fing die Alte an zu nagen an dem Gestrüpp und nagte sich einen Weg, dann eilte sie wieder hinter ihm. Als er sah, daß sie nahe war, warf er den Wetzstein hinter sich, gleich türmten sich hohe Felsen von Stein auf, hoch, hoch, aber auch durch diese nagte sich die arme Alte durch, langsam, langsam, da war sie wieder nahe hinter ihm. Bevor sie aber ganz nahe war, gelangte er an ein Haus zu einem guten Menschen, ging hinein und sperrte die Türe zu. Die Alte wollte zum Fenster hinein und steckte den ersten Kopf hinein, sie hatte sieben. Er hieb ihr ihn ab, und als sie mit dem zweiten versuchte, hieb er auch den fort, und so ging es weiter, bis alle sieben abgehauen waren. Die Sina Dobrosina war tot.
Jetzt glaubte Piparus Par Frumos, er wäre frei von allem und er brauche jetzt nur nach Hause zu reiten. Aber der Mann aus diesem Hause sagte ihm: »Ho, ho, du bist noch nicht befreit, und die Sonnenstrahlen sind nur dann dein, wenn du mit ihnen zu Hause bist. Wenn du auf dem Heimwege über jemanden lachst, dann verlierst du sie und wirst sie schwer wieder erhalten.« Er ritt weiter und kam immer näher nach Hause und lachte über niemanden. Da sah er einen Mann, der stand an einer Wassermühle und trank das Wasser, welches über die Räder fiel, alles und klagte: »Ach, ich sterbe vor Durst.« Der Knecht dachte, dieser Mensch könne ihm vielleicht nützlich sein, und rief: »Komm mit mir, du!« – »Ich komme.« Jetzt gingen sie zusammen weiter und kamen an ein Feld, dort stand ein Mensch, der aß hinter sechs Pflügen die Furchen und klagte: »Ach, ich bin so hungrig, ach, ich sterbe vor Hunger.« Dieser Mensch wird brauchbar sein für dich, dachte der Knecht und rief ihn mit: »Kommst du mit mir?« – »Ich komme.« Jetzt gingen sie alle drei weiter und trafen einen, der hatte sieben Pelze mitten im Sommer an und jammerte: »Ach, wie friere ich, ach ich sterbe vor Kälte.« Auch dieser schien dem Knecht brauchbar. »Kommst du nicht mit uns?« – »O ja, ich komme.« Sie gingen alle zusammen weiter und trafen einen, der Mühlsteine an den Füßen hatte und jammerte, er gehe zu schnell. Auch diesen nahmen sie mit und trafen bald wieder einen, der mit einer kleinen Flinte Fliegen schoß und jammerte, er könne sich nicht sattschießen, auch dieser ging mit. Der Knecht dachte, diese Leute sind alle zu brauchen.
Nun gingen sie alle sechs heimwärts und hatten noch niemals über jemanden gelacht, da kamen sie an einem Eisplatz vorbei, dort stand ein Mann mit einem krummen und einem dünnen Fuß und wollte schleifen. Da vergaß der Knecht auf die Worte seines Wirten und fing an zu lachen und lachte über den Krummen, da wandte sich der um und nahm ihm die Sonnenstrahlen. Wie dieser auch bat, er bekam sie nicht mehr. Da sprach der Krumme: »Du sollst 300 Brote essen und 300 Faß Wein trinken.« Dem Hungrigen und dem Durstigen gefiel das. Der eine aß die Brote gleich, und der Durstige trank alle 300 Faß auf einen Schluck. Nachher heizte er eine eiserne Stube, daß sie ganz rot wurde, wie ein Ofen und sagte, diese sollten die Nacht über dort schlafen. Zuerst ging der Gefrorene hinein und schüttelte nur einmal seine sieben Pelze, da war die Stube nur grade gut warm, und sie konnten gut schlafen. Am Morgen kam die Dienstmagd mit dem Besen und Trog, um die Kohlen und Knochen zusammenzukehren, denn der Herr dachte, die Männer wären verbrannt. Sie fand sie grade sich ankleidend und fröhlich. Als die Magd es ihrem Herrn gesagt, antwortete dieser: »Jetzt noch einmal können wir versuchen. Du sollst zum Brunnen um Wasser gehen, wenn sie dich einholen, müssen wir ihnen die Sonnenstrahlen geben, wenn nicht, so sind wir frei von den Männern und behalten die Sonnenstrahlen.« Als diese sechse kamen, lief die Magd mit den Krügen zum Brunnen, der mit den Mühlsteinen an den Füßen lief hinter ihr, der Herr warf ihm einen Knochen auf den Kopf, der mit der Flinte schoß ihn geschwind herunter. Die Magd war noch nicht am Brunnen, als dieser sie eingeholt. Nun konnte der Krumme nichts mehr tun, er mußte die Sonnenstrahlen zurückgeben. Der Piparus Par Frumos kam dann endlich zum roten König, und der teilte die Sonnenstrahlen mit seinem Nachbarn, dem grünen König. Nun waren ihre Häuser grade so schön wie im Paradiese, und da der rote König grade eine Tochter hatte, gab er sie dem Piparus Par Frumos zur Frau als Belohnung, und wenn sie noch sind, so werden sie heute noch leben.
Nicolae Bîrsan, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]