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Eine lügnerische Mär

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Es war einmal und einmal, und wenn es nicht gewesen, würde man es nicht erzählen, wie Nebel hätte es sich verteilt. Es waren einmal drei Brüder, die hatten nichts, als ihre Eltern gestorben waren. Als sie nichts hatten, nahmen sie sich und gingen ins Land (Walachei) und dingten sich als Schafhirten und dienten so lange, bis sich der älteste hundert, der zweite hundertfünfzig, der dritte zweihundert Schafe verdient hatte. Dann brachen sie heimwärts auf. Mit den Schafen geht man langsam, und schnell kommt der Abend. Die Nacht hatte sie in einem großen Wald bekommen. »Was sollen wir tun? In der Nacht können wir nicht gehen, wir müssen hier bleiben und ein Feuer machen, daß wir uns nicht erkälten«, sagte einer zum andern. Gut. Alle drei steckten die Hände in die Tasche, um Streichhölzer zu suchen, aber keiner hatte sie. »Wir sollen auf die Eiche steigen und herumsehen, ob nicht irgendwo ein Feuer ist.« Der älteste stieg hinauf und sah in der Nähe ein großes Feuer. Er kam herunter und ging um ein wenig Feuer. Als er zum Feuer kam, sah er ein Wunder. Es war ein Feuer aus neunundneunzig Fuder Holz, um das Feuer hatte sich ein halber Mensch gelegt. Er hatte die Füße rings um das Feuer gezogen und lag mit dem Kopfe darauf, wie auf einem Polster, und hütete eine Schafherde. »Guten Abend.« – »Ich danke, wer schickt dich zu mir?« – »Wir sind drei Brüder mit Schafen und sind im Wald vom Abend überfallen worden und haben gesehen, du hast Feuer, und ich möchte dich um einige Kohlen bitten.« – »Ich gebe dir, wenn du mir die Mär erzählst, die ist und nicht mehr ist.« – »Bade (Titel für einen älteren Mann), ich bin nicht bei den Mären groß gewachsen, bei den Lügen, ich bin im Gebirge gewachsen, bei den Schafen.« – »Dann werde ich dir nicht Kohlen geben, ich werde dir geben mit dem Hammer, daß du den Berg hinuntergehst und nicht mehr zu dir kommst.« Er hatte noch nicht ausgeredet, so hatte er ihn mit dem Hammer wider den Kopf geschlagen, daß er den Berg hinunterfiel.
Seine Brüder warteten immer, er solle mit dem Feuer kommen, aber er kam nicht mehr. »Was Teufel, daß er nicht mehr kommt«, sagte der mittlere und ging, um zu sehen, warum er nicht komme. Als er zum Feuer kam, sah er den halben Menschen und sagte ihm einen guten Abend. »Der Wind soll dir die Haare forttragen, und die Krähen sollen dir die Knochen verschleppen um Mitternacht«, antwortete der, »warum kommst du zu mir?« – »Ich bin gekommen, dich zu bitten um ein wenig Feuer, ich bin mit zwei Brüdern mit Schafen gekommen, die Nacht hat uns im Walde überfallen.« – »Ich gebe dir, wenn du mir erzählst die Mär, die ist, die nicht mehr ist; wenn du sie mir nicht sagst, hau ich dich mit dem Hammer, daß du den Berg hinunterfällst.« – »Bade, ich bin nicht aufgewachsen bei den Mären, den Lügen, ich bin im Gebirge aufgewachsen bei den Schafen, aber tu gut und gib mir ein wenig Feuer.« Aber der halbe Mensch nahm den Hammer und beförderte auch den mittlern den Berg hinunter, wie seinen Bruder.
Jetzt war der jüngste allein geblieben und wartete auf seine Brüder. Als es ihm zu lange dauerte, ging auch er um Feuer. »Guten Abend, halber Mensch.« – »Ich danke, Mensch, du ganzer, warum kommst du zu mir?« – »Ich bin gekommen, dich um ein wenig Feuer zu bitten.« – »Ich will dir geben, wenn du mir erzählst die Mär, die ist, die nicht mehr ist, wenn nicht, so hau ich dich mit diesem Hammer, daß du über den Berg hinunterfällst.« – »Aber bade, ich will dir eine Mär erzählen, aber wenn du sagst: ‚Du lügst‘, dann gebe auch ich dir mit diesem Hammer.« Gut.
»Als mein Vater heiratete und meine Mutter nahm, wollte mein Vater meine Mutter, aber meine Mutter wollte meinen Vater nicht. Ich legte mich an der Mutter Mund und sagte: ‚Mutter, nimm den Vater, er ist ein guter Mann und ein schöner‘, und ich erweichte sie, bis sie ihn nehmen wollte. Als sie wollte, wollte mein Vater nicht. Ich legte mich an meines Vaters Mund und sagte: ‚Vater, nimm die Mutter, sieh, sie ist ein schönes und ein gutes Mädchen, ihr werdet leben wie im Paradies.‘ Bis ich ihn erweichte. Dann richteten wir zur Hochzeit. Ich füllte Korn in Säcke, sie in die Mühle zu bringen, um Mehl für die Kolak zu mahlen. Ich spannte die Säcke ins Joch, die Ochsen legte ich auf den Wagen und brach auf und fuhr in die Mühle. Die Mühle war nicht zu Hause, sie war am Abhang Erdbeeren suchen. Ich nahm sie auf den Rücken und stellte sie auf ihren Platz und mahlte und tat die Ochsen auf den Wagen, spannte die Säcke ins Joch und fuhr heimwärts. Als ich auf die Straße kam, überkam mich ein Durst [wie] mitten im Sommer, wenn die Hitze am größten. Ich stieg ab, um zu trinken. Im Graben war Eis, ich nahm meinen Kopf an der Nase und zerschlug damit das Eis und trank und fuhr weiter. Ich sah hinauf auf zwei Pappeln, es droschen zwei Drescher im Gipfel der Pappeln Bohnen. Die Bohnen blieben oben, das Stroh fiel herunter. Ich verwunderte mich. ‚Nicht verwundere du dich über uns, verwunder dich über dich, du hast keinen Kopf.‘ Als ich die Hand nach dem Kopf ausstreckte, hatte ich keinen Kopf. Ich kehrte um, mir den Kopf zu holen, der Kopf hatte Füße bekommen und lief auf dem Eise hin und her, ich konnte ihn nicht fangen, ich gab Feuer und hop auf die Stelle! Die Füße verbrannten, ich nahm den Kopf und setzte ihn auf, aber mit der Nase nach rückwärts, und beeilte mich weiterzukommen. Da zerbrach mir ein Nagel am Joch, was sollt‘ ich jetzt? Ich nahm mich an der Hand und ging in die Mühle um eine Handaxt. Der Müller sagte: ‚Ich habe nur diese eine, und die ist fertig zum Kalben.‘ – ‚Gib sie mir, ich will sie besorgen wie meine Augen, und falls sie kalben sollte, will ich auch die Jungen besorgen, daß du keinen Schaden hast.‘ Darauf gab er sie mir. Ich kam und machte mir einen Nagel ans Joch, nur einmal kalbte die Handaxt sieben Handäxte und einen Hammer. Sieh, der Hammer ist hier bei mir in der Hand.« (Der halbe Mensch wollte oft aufspringen und rufen: »Du lügst«, aber er traute sich nicht.)
»Ich trug die Handaxt mit allen Kindern dem Müller. Der sagte: ‚Ich danke schön, daß du mir die Handaxt besorgt, daß ich keinen Schaden gehabt‘, und schenkte mir den Hammer. Ich kehrte wieder auf die Straße zurück, um nach Hause zu fahren. Nur einmal traf ich eine Roggengarbe, ich flocht daraus eine lange Leiter bis in den Himmel. Ich stieg hinauf, um zu sehen, was noch Gott und der heilige Petrus machten. Da kam eine nichtsnutzige Maus und zernagte die Leiter, ich fiel und fiel bis in den Grund der Erde, daß sich mein Kopf wieder mit der Nase nach vorn rückte. Als ich auf dem Grund der Erde anlangte, saß dort dein Großvater mit seiner Frau und machten Töpfe.« Da konnte der halbe Mensch nicht mehr an sich halten und schrie: »Du lügst, mein Großvater war nicht Töpfer, mein Großvater hütete die Ziegen in Jakobsdorf.« Er hatte nicht ausgeredet, da beförderte ihn der jüngste mit dem Hammer hinunter, daß ihm der Schädel zerspaltete und die Knochen zerbrachen. Dann nahm der Bursch Blut vom halben Menschen und bestrich damit seine Brüder und rief sie so wieder ins Leben. Alle drei gingen zu ihren Schafen, es ging grade die Sonne auf. Und ich stellte mich auf einen Nagel und sagte nichts mehr, und setzte mich auf eine Henne und ging durch den Kot, ich stieg auf einen Hahn und ging zu Fuß, ich saß auf einem Sattel und sage: es war so. Ich setzte mich auf ein altes Messer und sage: es war sehr lügnerisch.
 
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

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