Goldreif prangten die Ähren und nickten den beiden im wiegenden Wind gleichsam tröstend zu. Doch Ngoman konnte nicht anders als den guten Hund an die Brust zu drücken und ihren Schmerz auszuweinen. „Du wunderschönes Mädchen, es wird alles gut werden“, sagte der gelbe Hund plötzlich mit menschlicher Stimme. Das Erstaunen darüber ließ Ngoman Tränen versiegen, und ganz fassungslos schaute sie den Hund an. „Ängstige dich nicht, denn bald wird alles gut werden. Ich bin nämlich kein Hund, sondern ein Mensch.“
„Ein Mensch bist du? Aber warum hast du dann eine Hundegestalt?“ fragte Ngoman, die fürchtete, dass sich der Hund nicht mehr in einen Menschen zurückwandeln könnte. Achu seufzte und erklärte ihr alles: „Du kennst doch sicher das Land Bula. Ich bin der Sohn des Königs. Weil in unserem Land kein Getreide wächst, habe ich mich aufgemacht, um beim Schlangenkönig Kebule Gerste zu stehlen. Aber unglücklicherweise geriet ich in die Gewalt des Schlangenkönigs, der mich in einen Hund verwandelte. Doch sei unbesorgt, ich werde wieder ein Mensch werden!“
Ngoman saß neben den wogenden Gerstenhalmen und ein Lächeln lag um ihren Mund. „Wie schön wäre es, wärst du erst ein richtiger Mensch. Dann würde mich niemand mehr verlachen, und wir könnten glücklich zusammenleben. Aber wie lange werde ich darauf noch warten müssen?“ Achu antwortete: „Bevor ich zum Schlangenkönig kam, traf ich den Geist der Berge, Riwuda, der mir sagte, dass ich mich nur dann zurückverwandeln könnte, wenn mich ein Mädchen von reinster Seele und aus tiefstem Herzen lieben würde.“….“Aber ich liebe dich doch!“ rief Ngoman sogleich. „Ich liebe dich wirklich und doch hast du noch keine menschliche Gestalt angenommen. Alles will ich für dich tun, damit du nur recht bald wieder ein Mensch wirst.“ – „Wenn du mich wirklich liebst, dann musst du folgendes tun: Zunächst sollst du die Gerste abernten, in ein Säckchen füllen und mir dieses um den Hals hängen. Dann werde ich nach Bula zurückkehren. Unterwegs streue ich die Gerstenkörner aus, damit du den Weg findest, wenn du mir nachfolgst. Erst wenn ich alle Körner ausgestreut habe, werde ich wieder ein Mensch sein können!“ Das Mädchen nickte still mit dem Kopf und machte sich gleich an die Arbeit. Nachdem es alle Ähren abgestreift und in ihrem Rock gesammelt hatte, nahm sie eine Schürze und nähte daraus ein Säckchen, das sie Achu um den Hals hängte. Zu gerne wollte sie zusammen mit Achu das Land verlassen, doch er gab zu bedenken: „Es wird besser sein, wenn du nicht mit mir gehst, solange ich noch in Hundegestalt umherlaufen muss. Wenn du mich liebst, dann folge nur der Spur der verstreuten Gerstenkörner.“ Schweren Herzens nahmen sie Abschied voneinander, und Achu entfernte sich rasch. Solange ein Pfad vorhanden war, streute Achu seine Körner aus. Als er aber die weglose Steppe überqueren musste, blieb ihm nur übrig, alle paar Schritte ein Loch in den weichen Boden zu scharren und ein Korn hineinzulegen. Plagte ihn der Hunger, so nahm er wildwachsende Früchte zu sich. Peinigte ihn der Durst, so trank er klares Wasser aus dem Bach. Weit hinter Achu folgte ihm die schöne Ngoman. Sie wanderte immer der Spur der Körner nach, soweit der Pfad führte. Als sie an die Steppe kam, sah sie zuerst nur winzige Schösslinge, aber mit der Zeit traf sie auf immer größere Halme. Unterwegs musste auch sie sich von Wildfrüchten nähren und ihren Durst mit dem klaren Wasser der Bergbäche stillen. Sie sehnte sich nach Achu, aber so sehr sie sich auch anstrengte, holte sie ihn doch nicht ein. Ngoman wusste nicht, wie lange sie schon gewandert war. Nur die reifenden Ähren zeigten ihr an, dass sie schon eine sehr lange Zeit unterwegs war.
Aber eines schönen Tages sah sie in der Ferne eine große Stadt, deren schöne Häuser hoch aufragten. Inzwischen hielt der Winter seinen Einzig und wehte ihr eine Schneeflocke ins Gesicht. Aber im Herzen erfüllte sie eine große Freude auf das Wiedersehen mit Prinz Achu. Sie achtete daher nicht auf ihre abgerissenen Schuhe und auf ihre vom Dornengestrüpp zerrissenen Kleider. Eine dicke Staubschicht des langen Weges bedeckte zwar ihre Haut, doch verhüllte sie nicht ihre Schönheit und Herzensgüte. Als sie die schöne Stadt betrat, hörte sie von den Bewohnern, dass der gelbe Hund schon lange im Palast auf sie warte. Sie ging die breiten, von Blumen und Bäumen gesäumten Strasse entlang, bis sie in den Palastgarten gelangte. Als sie die Arme nach dem gelben Hund ausstreckte, um ihn zu begrüßen, stieg plötzlich eine dicke Rauchwolke vor ihr auf und vor ihr stand Prinz Achu, schön, klug und vortrefflich. Achu führte die schöne Ngoman in den Palast und stellte sie den königlichen Eltern vor. Gerührt vor Freude über den zurückgekehrten Sohn und über seine treue, schöne und herzensgute Ngoman vergossen sie gleich ein paar Tränen. Noch am Tag der Ankunft der schönen Ngoman fand die Hochzeit statt. Das königliche Paar und die hohen Minister nahmen an der langen Tafel Platz. Viel Volk eilte herbei und besang die Heldentaten des Prinzen Achu. Alle dankten ihm für das unermessliche Geschenk der goldgelben Gerste, das dem Volk zuteil geworden war, und alle rühmten die Schönheit und die Tugend der jungen Ngoman. Seitdem wächst in den weiten Landstrichen der viele tausend Meilen entfernt liegenden Reiche Bula und Louruo die köstliche Gerste, und die Völker dort und rösten sie zu Tsamba. Um Riwuda dem Geist der Berge, und Prinz Achu für das Geschenk der Gerste zu danken, werden jedes Jahr zum Erntefest aus dem frischen Gerstenmehl Tsambaklößchen geformt und den Hunden zum Fraß hingeworfen. Bis auf den heutigen Tag ist das so, und niemand hat jemals daran gedacht, diesen Brauch zu ändern.
„Ein Mensch bist du? Aber warum hast du dann eine Hundegestalt?“ fragte Ngoman, die fürchtete, dass sich der Hund nicht mehr in einen Menschen zurückwandeln könnte. Achu seufzte und erklärte ihr alles: „Du kennst doch sicher das Land Bula. Ich bin der Sohn des Königs. Weil in unserem Land kein Getreide wächst, habe ich mich aufgemacht, um beim Schlangenkönig Kebule Gerste zu stehlen. Aber unglücklicherweise geriet ich in die Gewalt des Schlangenkönigs, der mich in einen Hund verwandelte. Doch sei unbesorgt, ich werde wieder ein Mensch werden!“
Ngoman saß neben den wogenden Gerstenhalmen und ein Lächeln lag um ihren Mund. „Wie schön wäre es, wärst du erst ein richtiger Mensch. Dann würde mich niemand mehr verlachen, und wir könnten glücklich zusammenleben. Aber wie lange werde ich darauf noch warten müssen?“ Achu antwortete: „Bevor ich zum Schlangenkönig kam, traf ich den Geist der Berge, Riwuda, der mir sagte, dass ich mich nur dann zurückverwandeln könnte, wenn mich ein Mädchen von reinster Seele und aus tiefstem Herzen lieben würde.“….“Aber ich liebe dich doch!“ rief Ngoman sogleich. „Ich liebe dich wirklich und doch hast du noch keine menschliche Gestalt angenommen. Alles will ich für dich tun, damit du nur recht bald wieder ein Mensch wirst.“ – „Wenn du mich wirklich liebst, dann musst du folgendes tun: Zunächst sollst du die Gerste abernten, in ein Säckchen füllen und mir dieses um den Hals hängen. Dann werde ich nach Bula zurückkehren. Unterwegs streue ich die Gerstenkörner aus, damit du den Weg findest, wenn du mir nachfolgst. Erst wenn ich alle Körner ausgestreut habe, werde ich wieder ein Mensch sein können!“ Das Mädchen nickte still mit dem Kopf und machte sich gleich an die Arbeit. Nachdem es alle Ähren abgestreift und in ihrem Rock gesammelt hatte, nahm sie eine Schürze und nähte daraus ein Säckchen, das sie Achu um den Hals hängte. Zu gerne wollte sie zusammen mit Achu das Land verlassen, doch er gab zu bedenken: „Es wird besser sein, wenn du nicht mit mir gehst, solange ich noch in Hundegestalt umherlaufen muss. Wenn du mich liebst, dann folge nur der Spur der verstreuten Gerstenkörner.“ Schweren Herzens nahmen sie Abschied voneinander, und Achu entfernte sich rasch. Solange ein Pfad vorhanden war, streute Achu seine Körner aus. Als er aber die weglose Steppe überqueren musste, blieb ihm nur übrig, alle paar Schritte ein Loch in den weichen Boden zu scharren und ein Korn hineinzulegen. Plagte ihn der Hunger, so nahm er wildwachsende Früchte zu sich. Peinigte ihn der Durst, so trank er klares Wasser aus dem Bach. Weit hinter Achu folgte ihm die schöne Ngoman. Sie wanderte immer der Spur der Körner nach, soweit der Pfad führte. Als sie an die Steppe kam, sah sie zuerst nur winzige Schösslinge, aber mit der Zeit traf sie auf immer größere Halme. Unterwegs musste auch sie sich von Wildfrüchten nähren und ihren Durst mit dem klaren Wasser der Bergbäche stillen. Sie sehnte sich nach Achu, aber so sehr sie sich auch anstrengte, holte sie ihn doch nicht ein. Ngoman wusste nicht, wie lange sie schon gewandert war. Nur die reifenden Ähren zeigten ihr an, dass sie schon eine sehr lange Zeit unterwegs war.
Aber eines schönen Tages sah sie in der Ferne eine große Stadt, deren schöne Häuser hoch aufragten. Inzwischen hielt der Winter seinen Einzig und wehte ihr eine Schneeflocke ins Gesicht. Aber im Herzen erfüllte sie eine große Freude auf das Wiedersehen mit Prinz Achu. Sie achtete daher nicht auf ihre abgerissenen Schuhe und auf ihre vom Dornengestrüpp zerrissenen Kleider. Eine dicke Staubschicht des langen Weges bedeckte zwar ihre Haut, doch verhüllte sie nicht ihre Schönheit und Herzensgüte. Als sie die schöne Stadt betrat, hörte sie von den Bewohnern, dass der gelbe Hund schon lange im Palast auf sie warte. Sie ging die breiten, von Blumen und Bäumen gesäumten Strasse entlang, bis sie in den Palastgarten gelangte. Als sie die Arme nach dem gelben Hund ausstreckte, um ihn zu begrüßen, stieg plötzlich eine dicke Rauchwolke vor ihr auf und vor ihr stand Prinz Achu, schön, klug und vortrefflich. Achu führte die schöne Ngoman in den Palast und stellte sie den königlichen Eltern vor. Gerührt vor Freude über den zurückgekehrten Sohn und über seine treue, schöne und herzensgute Ngoman vergossen sie gleich ein paar Tränen. Noch am Tag der Ankunft der schönen Ngoman fand die Hochzeit statt. Das königliche Paar und die hohen Minister nahmen an der langen Tafel Platz. Viel Volk eilte herbei und besang die Heldentaten des Prinzen Achu. Alle dankten ihm für das unermessliche Geschenk der goldgelben Gerste, das dem Volk zuteil geworden war, und alle rühmten die Schönheit und die Tugend der jungen Ngoman. Seitdem wächst in den weiten Landstrichen der viele tausend Meilen entfernt liegenden Reiche Bula und Louruo die köstliche Gerste, und die Völker dort und rösten sie zu Tsamba. Um Riwuda dem Geist der Berge, und Prinz Achu für das Geschenk der Gerste zu danken, werden jedes Jahr zum Erntefest aus dem frischen Gerstenmehl Tsambaklößchen geformt und den Hunden zum Fraß hingeworfen. Bis auf den heutigen Tag ist das so, und niemand hat jemals daran gedacht, diesen Brauch zu ändern.
Quelle: Ein Märchen aus China