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Es waren einmal ein König und eine Königin in ihrem Reiche; sie hatten eine Tochter, welche Ingibjörg hieß.
Es lebte auch ein alter Mann mit seinem alten Weibe in einer schlechten Hütte; diese hatten einen Sohn, welcher Ullarvindill hieß.
Der König liebte seine Tochter über Alles und meinte keinen Mann finden zu können, der ihr ebenbürtig wäre. Um die Freier abzuschrecken, ließ er verkünden, daß er seine Tochter nur Demjenigen zum Weibe geben werde, der einen Sack mit Worten anfüllen könne.
Da wagte es Niemand um die Königstochter zu freien, denn Keiner wußte, wie man einen Sack mit Worten anfüllen könne.
Der Häuslerssohn in der schlechten Hütte hatte gleich den Anderen von der Kundmachung des Königs gehört. Er ging eines Tages zu seiner alten Mutter und bat sie, ihm ihre Scheere und ihre Nadel zu borgen.
Sie fragte ihn, was er denn damit thun wolle.
Er wolle damit in das Königreich gehen und sehen, ob nicht die Königin und die Königstochter diese Dinge haben möchten, gab er zur Antwort.
Die Mutter lächelte über das Vorhaben ihres Sohnes und gab ihm die Scheere und die Nadel. Hierauf ging Ullarvindill zu dem Vater und bat ihn, er möge ihm seine Axt borgen.
Der Alte fragte, was er damit beginnen wolle.
Er wolle sie dem König geben, erwiederte der Sohn.
Der Vater gab ihm die Axt und Ullarvindill wanderte nun mit den drei Gegenständen in das Königreich. Er kam in den Thurm der Königstochter und sah, daß diese nähte. Er schaute ihr eine kurze Weile zu, dann sagte er:
»Meine Mutter macht es nicht so, wenn sie näht.«
»Wie macht es denn Deine Mutter, wenn sie näht?« fragte die Königstochter.
»Sie legt nur die Nadel hin, dann näht diese von selbst« sagte er.
»Verschaffe mir dann die Nadel, armer Teufel!« sagte darauf die Königstochter.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Ullarvindill.
»Was willst Du?« entgegnete sie.
»Bei Dir schlafen«, antwortete er.
»Entferne Dich von hier!« rief die Königstochter.
»Ja, ja« sagte Ullarvindill, »ich muß schon meine Nadel selbst behalten; es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
»Wohlan, denn! Komm hierher!« sagte die Königstochter und gewährte ihm, was er verlangte.
Er gab ihr hierauf die Nadel. Sodann ging er zu der Königin; dieselbe war eben damit beschäftigt, Kleider zuzuschneiden.
»Meine Mutter macht es nicht so, wenn sie zuschneidet«, sagte er.
»Wie macht sie es denn?« fragte die Königin.
»Sie legt nur die Scheere darauf und dieselbe schneidet dann von selbst zu.«
»Verschaffe mir dann die Scheere, armer Teufel!« sagte die Königin.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Ullarvindill.
»Was Du verlangst«, sagte die Königin.
»Ich verlange nichts Anderes, als daß Du mich bei Dir schlafen läßt«, sagte er.
»Das wird nie geschehen«, rief die Königin entrüstet.
»Gut, so werde ich meine Scheere selbst behalten«, antwortete er darauf; »es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
»Wohlan denn!«, sagte die Königin, »es darf es aber Niemand wissen, daß ich Dir dies gewährt habe, Du Schlingel!«
Hierauf gab er ihr die Scheere. Von der Königin weg begab er sich in den Wald, wo der König Holz fällte. Er schaute dem Könige eine Weile zu und sagte dann:
»Mein Vater macht es nicht so, wenn er Holz fällt.«
»Wie macht er es denn?« fragte der König.
»Er legt die Axt nur an, und dann haut sie von selbst«, sagte Ullarvindill.
»Verschaffe mir dann diese Axt!« sagte der König.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Jener.
»Sage mir, was Du willst«, entgegnete der König.
»Ich will nichts Anderes, als daß Du die Krone abnimmst und mir den bloßen Hintern küßt«, sagte Ullarvindill.
»Das wird niemals geschehen«, sagte der König.
»Ja, ja«, sagte Jener, »das ist nichts für mich; ich muß schon meine Axt selber behalten; es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
Hierauf stellte er sich, als ob er fortgehen wollte. Da rief ihn der König zurück und sagte:
»Höre, Du Schelm! Ich werde deshalb nicht schlechter, wenn ich auch thue, was Du sagst, falls Du mir die Axt gibst; wir zwei sind ja hier ganz allein; aber es darf Niemand etwas davon erfahren.«
Der König that nun, was Ullarvindill von ihm verlangt hatte, und dieser gab ihm die Axt. Hierauf begab sich der Häuslerssohn heim in die Hütte und erzählte seinen Eltern Alles, was er den Tag über gethan und erlebt hatte. Er bat sie sodann, am nächsten Morgen mit ihm in das Königreich zu gehen, und lehrte sie, was sie zu ihm sagen sollten, wenn sie dahin gekommen wären. Er, sagte er, werde darauf antworten, wie er wolle.
Am nächsten Tage gingen sie alle Drei in das Königreich.
Sie traten aber erst in die Halle ein, als bereits der König, die Königin, die Königstochter und alle Hofleute darin versammelt waren und bei Tische saßen. Zuerst standen sie in einiger Entfernung schweigend da; bald aber rief die Mutter Ullarvindill’s mit lauter Stimme:
»Ullarvindill, mein Sohn, was machtest Du mit meiner Nadel? – Hier lege ich Worte in den Sack!«
»Ich gab sie der Königstochter«, sagte Ullarvindill.
»Und was hat sie Dir dafür gegeben?« fragte die Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich habe bei ihr geschlafen«, antwortete Jener.
»Und was machtest Du mit meiner Scheere?« fragte die Mutter weiter; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich gab sie der Königin«, sagte Ullarvindill.
»Was hat sie Dir dafür gegeben?« fragte die Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich habe bei ihr geschlafen« sagte Jener.
Der König stutzte nicht wenig, als er dies hörte; die Königin und die Königstochter aber saßen von Schamröthe übergossen da.
»Ullarvindill, mein Sohn«, rief jetzt der alte Häusler, »was machtest Du mit meiner Axt? – Hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich gab sie dem Könige«, antwortete Ullarvindill.
»Und was hat er Dir dafür gegeben?« fragte der Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Er hat die Krone abgenommen und mir -«
»Halt, halt, der Sack ist voll, der Sack ist voll!« rief da plötzlich der König. Und obschon er auf Ullarvindill sehr erzürnt war, dachte er doch bei sich, daß ihm nichts Anderes übrig bleiben werde, als dem Burschen seine Tochter zu geben, da derselbe ihr solche Schande bereitet hatte und überhaupt ein schlauer Schelm war; im Grunde konnte er ja gegen Mutter und Tochter nicht hart verfahren, da er sich selbst einer That bewußt war, über die er sich schämen mußte, und die ebenso gut bekannt werden konnte wie das Andere.
Der König nahm Ullarvindill zu sich und begann ihn zu unterrichten; und obgleich er Anfangs strenge gegen ihn war, so dauerte es doch nicht lange, denn Ullarvindill gewann bald die Freundschaft des Königs durch seinen Scharfsinn, seinen Gehorsam und andere männliche Tugenden, welche er besaß.
Hierauf erhielt er die Königstochter sammt der Hälfte des Reiches, so lange der König lebte, und das ganze Reich nach seinem Tode. Er regierte dasselbe mit großer Klugheit. Der alte Mann und das alte Weib in der schlechten Hütte hatten jetzt Ueberfluß an Allem und lebten dort ihr Leben lang glücklich und zufrieden.
Es lebte auch ein alter Mann mit seinem alten Weibe in einer schlechten Hütte; diese hatten einen Sohn, welcher Ullarvindill hieß.
Der König liebte seine Tochter über Alles und meinte keinen Mann finden zu können, der ihr ebenbürtig wäre. Um die Freier abzuschrecken, ließ er verkünden, daß er seine Tochter nur Demjenigen zum Weibe geben werde, der einen Sack mit Worten anfüllen könne.
Da wagte es Niemand um die Königstochter zu freien, denn Keiner wußte, wie man einen Sack mit Worten anfüllen könne.
Der Häuslerssohn in der schlechten Hütte hatte gleich den Anderen von der Kundmachung des Königs gehört. Er ging eines Tages zu seiner alten Mutter und bat sie, ihm ihre Scheere und ihre Nadel zu borgen.
Sie fragte ihn, was er denn damit thun wolle.
Er wolle damit in das Königreich gehen und sehen, ob nicht die Königin und die Königstochter diese Dinge haben möchten, gab er zur Antwort.
Die Mutter lächelte über das Vorhaben ihres Sohnes und gab ihm die Scheere und die Nadel. Hierauf ging Ullarvindill zu dem Vater und bat ihn, er möge ihm seine Axt borgen.
Der Alte fragte, was er damit beginnen wolle.
Er wolle sie dem König geben, erwiederte der Sohn.
Der Vater gab ihm die Axt und Ullarvindill wanderte nun mit den drei Gegenständen in das Königreich. Er kam in den Thurm der Königstochter und sah, daß diese nähte. Er schaute ihr eine kurze Weile zu, dann sagte er:
»Meine Mutter macht es nicht so, wenn sie näht.«
»Wie macht es denn Deine Mutter, wenn sie näht?« fragte die Königstochter.
»Sie legt nur die Nadel hin, dann näht diese von selbst« sagte er.
»Verschaffe mir dann die Nadel, armer Teufel!« sagte darauf die Königstochter.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Ullarvindill.
»Was willst Du?« entgegnete sie.
»Bei Dir schlafen«, antwortete er.
»Entferne Dich von hier!« rief die Königstochter.
»Ja, ja« sagte Ullarvindill, »ich muß schon meine Nadel selbst behalten; es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
»Wohlan, denn! Komm hierher!« sagte die Königstochter und gewährte ihm, was er verlangte.
Er gab ihr hierauf die Nadel. Sodann ging er zu der Königin; dieselbe war eben damit beschäftigt, Kleider zuzuschneiden.
»Meine Mutter macht es nicht so, wenn sie zuschneidet«, sagte er.
»Wie macht sie es denn?« fragte die Königin.
»Sie legt nur die Scheere darauf und dieselbe schneidet dann von selbst zu.«
»Verschaffe mir dann die Scheere, armer Teufel!« sagte die Königin.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Ullarvindill.
»Was Du verlangst«, sagte die Königin.
»Ich verlange nichts Anderes, als daß Du mich bei Dir schlafen läßt«, sagte er.
»Das wird nie geschehen«, rief die Königin entrüstet.
»Gut, so werde ich meine Scheere selbst behalten«, antwortete er darauf; »es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
»Wohlan denn!«, sagte die Königin, »es darf es aber Niemand wissen, daß ich Dir dies gewährt habe, Du Schlingel!«
Hierauf gab er ihr die Scheere. Von der Königin weg begab er sich in den Wald, wo der König Holz fällte. Er schaute dem Könige eine Weile zu und sagte dann:
»Mein Vater macht es nicht so, wenn er Holz fällt.«
»Wie macht er es denn?« fragte der König.
»Er legt die Axt nur an, und dann haut sie von selbst«, sagte Ullarvindill.
»Verschaffe mir dann diese Axt!« sagte der König.
»Was bekomme ich dafür?« fragte Jener.
»Sage mir, was Du willst«, entgegnete der König.
»Ich will nichts Anderes, als daß Du die Krone abnimmst und mir den bloßen Hintern küßt«, sagte Ullarvindill.
»Das wird niemals geschehen«, sagte der König.
»Ja, ja«, sagte Jener, »das ist nichts für mich; ich muß schon meine Axt selber behalten; es liegt mir wenig daran, ob ich sie los werde oder nicht.«
Hierauf stellte er sich, als ob er fortgehen wollte. Da rief ihn der König zurück und sagte:
»Höre, Du Schelm! Ich werde deshalb nicht schlechter, wenn ich auch thue, was Du sagst, falls Du mir die Axt gibst; wir zwei sind ja hier ganz allein; aber es darf Niemand etwas davon erfahren.«
Der König that nun, was Ullarvindill von ihm verlangt hatte, und dieser gab ihm die Axt. Hierauf begab sich der Häuslerssohn heim in die Hütte und erzählte seinen Eltern Alles, was er den Tag über gethan und erlebt hatte. Er bat sie sodann, am nächsten Morgen mit ihm in das Königreich zu gehen, und lehrte sie, was sie zu ihm sagen sollten, wenn sie dahin gekommen wären. Er, sagte er, werde darauf antworten, wie er wolle.
Am nächsten Tage gingen sie alle Drei in das Königreich.
Sie traten aber erst in die Halle ein, als bereits der König, die Königin, die Königstochter und alle Hofleute darin versammelt waren und bei Tische saßen. Zuerst standen sie in einiger Entfernung schweigend da; bald aber rief die Mutter Ullarvindill’s mit lauter Stimme:
»Ullarvindill, mein Sohn, was machtest Du mit meiner Nadel? – Hier lege ich Worte in den Sack!«
»Ich gab sie der Königstochter«, sagte Ullarvindill.
»Und was hat sie Dir dafür gegeben?« fragte die Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich habe bei ihr geschlafen«, antwortete Jener.
»Und was machtest Du mit meiner Scheere?« fragte die Mutter weiter; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich gab sie der Königin«, sagte Ullarvindill.
»Was hat sie Dir dafür gegeben?« fragte die Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich habe bei ihr geschlafen« sagte Jener.
Der König stutzte nicht wenig, als er dies hörte; die Königin und die Königstochter aber saßen von Schamröthe übergossen da.
»Ullarvindill, mein Sohn«, rief jetzt der alte Häusler, »was machtest Du mit meiner Axt? – Hier lege ich Worte in den Sack.«
»Ich gab sie dem Könige«, antwortete Ullarvindill.
»Und was hat er Dir dafür gegeben?« fragte der Alte; »hier lege ich Worte in den Sack.«
»Er hat die Krone abgenommen und mir -«
»Halt, halt, der Sack ist voll, der Sack ist voll!« rief da plötzlich der König. Und obschon er auf Ullarvindill sehr erzürnt war, dachte er doch bei sich, daß ihm nichts Anderes übrig bleiben werde, als dem Burschen seine Tochter zu geben, da derselbe ihr solche Schande bereitet hatte und überhaupt ein schlauer Schelm war; im Grunde konnte er ja gegen Mutter und Tochter nicht hart verfahren, da er sich selbst einer That bewußt war, über die er sich schämen mußte, und die ebenso gut bekannt werden konnte wie das Andere.
Der König nahm Ullarvindill zu sich und begann ihn zu unterrichten; und obgleich er Anfangs strenge gegen ihn war, so dauerte es doch nicht lange, denn Ullarvindill gewann bald die Freundschaft des Königs durch seinen Scharfsinn, seinen Gehorsam und andere männliche Tugenden, welche er besaß.
Hierauf erhielt er die Königstochter sammt der Hälfte des Reiches, so lange der König lebte, und das ganze Reich nach seinem Tode. Er regierte dasselbe mit großer Klugheit. Der alte Mann und das alte Weib in der schlechten Hütte hatten jetzt Ueberfluß an Allem und lebten dort ihr Leben lang glücklich und zufrieden.
[Island: Jos. Cal. Poestion: Isländische Märchen]