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Märchenbasar

Unser Herr auf Reisen

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Eines Tages ging Unser Herr mit St. Peter und St. Johannes aus, um Almosen zu erbetteln. Vor der Werkstatt eines Schmiedes machten sie alle drei halt. Dieser war gerade dabei, ein Pferd zu beschlagen. Aber das Tier schlug aus und der Schmied fluchte wie ein Heide, da er keine gescheite Arbeit machen konnte. »Schmied,« sagte Unser Herr, »laß mich das Pferd beschlagen!« »Geh deiner Wege, Frechling, sonst zeichne ich dich mit meinem heißen Eisen!« »Schmied, ich sage dir, laß mich das Pferd beschlagen!« Schließlich ließ der Schmied Unsern Herrn gewähren. »So sieh her,« sagte Unser Herr, »wie man ein Roß beschlägt.« Er schnitt das rechte Bein des Tieres ab, beschlug es ganz gemächlich, setzte es dann wieder an seinen Platz und ging mit St. Peter und St. Johannes weiter. »Was dieser Mann vermag, werde ich wohl auch können«, dachte der Schmied. Er schnitt also das linke Vorderbein des Tieres ab und beschlug es ganz gemächlich. Aber das arme Tier blutete und der Schmied konnte das Glied nicht wieder an seinen Platz setzen. Alsbald lief er Unserm Herrn nach. »Freund, Freund, kommt und helft mir, bitte, dem Pferd sein Bein wieder anzusetzen!« Unser Herr kam und setzte dem Tier das Glied wieder an; darauf sagte er: »Sieh, Schmied, es ist vollbracht. In Zukunft aber fluche nicht mehr wie ein Heide und schmähe nicht die, welche dir einen Dienst erweisen wollen.«
Unser Herr wanderte mit St. Peter und St. Johannes fürbaß. Alle drei pochten an die Tür eines armseligen Meierhofes. »Ein Stück Brot, bitte, Meierin, um Gottes und der heiligen Jungfrau Maria willen. Pater noster, qui es in coelis …« »Arme Leute, euer Beten wird euch nichts nützen. Ich habe nur ein klein wenig Teig im Backtrog.« »Keine Angst, Meierin, Euer Teig wird sich ausdehnen. Er wird für uns alle reichen.« Tatsächlich dehnte sich der Teig unter ihren Augen aus, bis er über den Backtrog hinauslief. Nun heizte die Meierin den Ofen. Als das Brot gebacken war, machten sich alle vier ans Essen. Während sie aßen, blieben die drei Kinder der Meierin im Schweinestall versteckt und schrien. »Meierin,« sagte Unser Herr, »was habt Ihr in Eurem Stall?« »Armer Mann, es sind drei Ferkel!« Nach der Mahlzeit wanderte Unser Herr mit St. Peter und St. Johannes fürbaß. Als die Meierin ihre Kinder aus dem Schweinestall holen wollte, fand sie drei Ferkel darin. Sogleich lief sie Unserm Herrn nach. »Armer Mann, ich habe Euch belogen, als ich sagte, daß es drei Ferkel wären, die im Stalle schrien. Es waren meine drei Kinder. Als Ihr weitergewandert waret, habe ich an ihrer Stelle drei Ferkel gefunden!« »Kehrt heim, Meierin. Ihr werdet Eure drei Kinder wiederfinden. Aber Ihr sollt nicht lügen!«
Unser Herr wanderte mit St. Peter und St. Johannes fürbaß. Alle drei pochten an das Tor eines Schlosses. »Ein Stück Brot, bitte, mein Herr, um Gottes und der heiligen Jungfrau Maria willen. Pater noster, qui est in coelis …« »Schert euch zum Teufel, Gesindel! Keine Kruste bekommt ihr, ihr Nichtstuer! Marsch, kehrt gemacht, sonst hetze ich meine Hunde auf euch!« »St. Peter,« sagte Unser Herr, »sattle mir diesen Esel!« Allsogleich wurde der Schloßherr in einen Esel verwandelt. St. Peter sattelte ihn und legte ihm ein Halfter an.
Unser Herr wanderte mit St. Peter und St. Johannes fürbaß. Alle drei pochten an die Tür einer kleinen Mühle, in welcher sich nur eine einzelne Frau befand. »Ein Stück Brot, bitte, Müllerin, um Gottes und der heiligen Jungfrau Maria willen. Pater noster, qui est in coelis, sanctificetur …« »Arme Leute, euer Beten wird euch nichts nützen; ich kann euch weiter nichts geben als dieses kleine Stückchen Brot. Teilt es euch!« »Danke, Müllerin,« sagte Unser Herr, »für Euer kleines Stückchen Brot gebe ich Euch diesen Esel samt Sattel und Halfter. Laßt ihn fest arbeiten und gebt ihm weder Heu noch Stroh. Er wird sich schon selber längs des Weges und zwischen den Hecken Nahrung suchen.«
Unser Herr wanderte mit St. Peter und St. Johannes fürbaß. Nach sieben Jahren kamen sie wieder bei der kleinen Mühle vorüber. Alle drei pochten an die Tür. »Ein Stück Brot, bitte, Müllerin, um Gottes und der heiligen Jungfrau Maria willen. Pater noster, qui est in coelis …« »Gern, ihr armen Leute! Tretet ein! Die Suppe steht auf dem Tisch. Da ist ein Laib Brot, da ist Knoblauch und Salz. Ich gehe in den Keller und hole euch alten Wein. Vor sieben Jahren gingen drei Bettler, jünger als ihr, hier vorbei. Sie gaben mir einen Esel samt Sattel und Halfter und empfahlen mir, ihn fest arbeiten zu lassen, ohne ihm Heu und Stroh zu geben. Ich habe ihn immer seine Nahrung längs des Weges und zwischen den Hecken sich selber suchen lassen. Indessen tut mir das arme Tier leid. Durch seine Hilfe habe ich meine Mühle mit Kunden gefüllt und mir mein Vermögen erworben.« »Müllerin, wir haben Euch diesen Esel samt Sattel und Halfter geliehen. Jetzt müßt Ihr ihn uns zurückgeben.« »Gern, ihr armen Leute!«
Unser Herr, St. Peter und St. Johannes kletterten alle drei auf den Esel und dieser trug sie zum Schloß. »Ein Stück Brot, bitte, gnädige Frau, um Gottes und der heiligen Jungfrau Maria willen. Pater noster …« »Gern, ihr armen Leute. Hier! Da sind drei Laibe Brot, jedes zu zehn Pfund. Vor sieben Jahren kamen drei Bettler, die jünger waren als ihr, und baten an der Türe dieses Schlosses um Almosen. Mein Gemahl schalt sie und drohte ihnen mit den Hunden. Da hat ihn einer der Bettler in einen Esel verwandelt. Ein anderer hat ihn gesattelt, ihm ein Halfter angelegt und sie haben ihn mit sich fortgeführt.« »Würdet Ihr Euren Gatten wiedererkennen, gnädige Frau?« fragte Unser Herr. »Ja, Bettler, ich würde ihn wiedererkennen.« »Esel, erhebe dich und nimm deine frühere Gestalt wieder an!« Der Esel erhob sich und nahm seine frühere Gestalt wieder an. Der Schloßherr starb am Tage darauf; aber er hatte auf Erden schon Buße getan und Unser Herr gab ihm einen Platz in seinem Paradies.

[Frankreich: Ernst Tegethoff: Französische Volksmärchen]

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