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Das Märchen von der silbernenen Kugel

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Das bedrohte Kind war anscheinend schon halb ohnmächtig, denn wehrte sich nur nur schwach gegen den Feind, wobei es leise, klagende Laute aussstieß, die Hannes jetzt wie das Klingen eines Glöckchens vorkamen. Auf welcher Seite das Recht war, wußte er sofort; und ohne sich an die Verwünschungen und Drohnugen des tückischen Schwarzelfen zu kehren, faßte er nach der Hand der Kleinen und rief laut und furchtlos:
„Alle guten Geister loben Gott, den Herrn!“
Der gräuliche Kobold stieß einkreischendes Geschrei der höchsten Wut aus. Das schöne Kind aber neigte sich anbetend und sprach ehrfurchtsvoll:
„Dank sei dem lieben Gott, dem Schöpfer und Regierer aller Welten, von nun an bis in Ewigkeit!“
Hannes war von dem wunderbaren Abenteuer viel zu erregt, um auf diesen merkwürdigen Ausruf eines so jungen Mädchens – die Kleine konnte höchstens zehn Jahre alt sein – zu achten. Auch daß sein Schützling von ganz eigenartiger, ja überirdischer Schönheit war, merkte er vorläufig nicht.
„Komm, komm, „drängte er und faßte die Rechte des Kindes.
„Ich bringe dich zu meiner Mutter. Der da,“ – er wies auf den in ohnmächtiger Wut fauchenden Schwarzelf, darf uns nichts tun. Wir stehen unter GottesSchutz.“ Der Zwerg aber schrie erbost:
“ Du dummer, dummer Junge! Hättest du lieber die silberne Kugel erwischt!
Das waäre dein Glück gewesen. Reichtum und Ehre hättest du erlangt.
Was kann dir an dem unnützen Mädchen liegen?
Überlasse es mir, und ich verschaffe dir das unschätzbare Kleinod, daß dir die Türe zu irdischem Wohlleben öffnet.“ Angstvoll nahm die arme Kleine auf ihren jugendlichen Beschützer.
“ Glaube ihm nicht! Er betrügt dich! Glück durch anderer Leid erkauft, bringt auf Dauer keinen Segen! Die Treue erhält am Ende stets ihren Lohn; und Gott wird dir seine Barmherzigkeit gegen mich reichlich vergelten.“
Treuherzig blickte Hannes auf den Findling: „Habe nur keine Angst, ich weiß schon, was ich tun muß. Der Schwarze kann mich nicht verführen. Meiner Seele Seligkeit ist mir um Gold und Ehren nicht feil! Und die silberne Kugel, von der er immer spricht, wird wohl auch nicht alles Erdenglück enthalten! Komm, Kleine, ich bringe dich jetzt zu meiner Mutter. Da bist du wohl aufgehoben und geborgen, bis dich die Deinen wieder holen.“ Das fremde senkte die augen und jammerte leise:
„Mutter Luana! Mutter Luana! -Meine Kugel! Ach meine Kugel!
Hannes achtete kaum auf die sonderbaren Reden. Er hatte genug zu tun, sich den unheimlichen Zwerg vom Leibe zu halten, und außerdem dachte er an das fehlende Johanniskraut und schaute danach aus.
„Komm, schnell, Kleine. Gleich wird es ein Uhr schlagen, ich muß vorher noch eine Pflanze suchen, die meiner kranken Mutter zur Genesung verhelfen soll.“
“ Deine Mutter wird auch ohne Kraut gesunden,“ sagte das Kind ernst.
“ Wo Luana hinkommt, schwindet alle Krankheit.“ Jetzt wurde Hannes doch aufmerksam und schaute sich seinen Schützling näher an. Und nun erschrak er fast vor der lichten und zauberhaften Schönheit der Kleinen; duftige, schneeweiße Gewänder umgaben ein zartes, elfenhaftes Körperchen. Lockiges, silberglänzendes Haar fiel auf die Schultern herab und aus dem lieblichen, sanftem Gesichtchen blickten zwei Augen, so tief blau, wie der Himmel der Sommernacht.

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